John Corbett – Same – CD-Review

Dass Musiker auch mal ins Schauspielfach „reinriechen“, hat man ja schon öfters zur Kenntnis genommen. Im umgekehrten Falle stellt sich die Sache eher seltener dar, und war eigentlich in den wenigen Fällen zumeist eher von Peinlichkeit gekennzeichnet. Den absoluten Gegenbeweis dieser These liefert John Corbett, u. a. bekannt aus der TV-Serie „Sex and the City“ oder dem Kino-Hit „My Big Fat Greek Wedding“. Laut eigener Aussage dient ihm die Schauspielerei, trotz seiner Popularität, nur zur finanziellen Absicherung, die wahre Passion aber liegt und lag immer in der Musik!

Das kaufen wir ihm bedenkenlos ab, denn auf seinem Debut hinterläßt er wahrlich einen nachhaltigen Eindruck! Starker, erstklassiger, kraftvoller New Country/Countryrock voller rootsigem Charme, ausgestattet mit einer gepflegten Prise Southern-Flair (enthält u. a. eine von eine von ex-Marshall Tucker-Gitarrist George McCorkle co-komponierte Nummer, bei der dieser auch Gitarre spielt), unbeschwert, ehrlich, authentisch, frei von jeglichen „glamourösen“ und aufgesetzten Hollywood-Attitüden!

Schon als junger Bursche bekam Corbett dank seines Onkels, der in Wheeling, West-Virginia, am Ohio-River einen kleinen Club in der Nähe der berühmten Capitol Music Hall besaß, Kontakt zu berühmten Musikern, die nach ihren Auftritten des öfteren dort einkehrten, ihr Bierchen tranken, und dann noch zum Teil mit der Hausband jammten. Die anstehenden Reinigungsarbeiten am Ruhetag des Clubs nutzte John meist, um sich selbst hinter’s Mikro zu stellen. Es folgten erste Erfahrungen in High School Bands und bei Auftritten auf Schul- und Haus-Parties.

1986 zieht Corbett nach Kalifornien und lernt dort den jungen Gitarristen Tara Novick, Bandleader einer in Los Angeles recht bekannten Truppe namens „The Voodoo Boys“ kennen. Beide beschließen gemeinsam zu musizieren. Nachdem John seine erste große Rolle in der TV-Show „Northern Exposure“ ergattert hatte, gelang es ihm, den Sende-Direktor der beliebten Talk-Show „The Tonight Show“ ohne jegliche musikalische Präferenz, geschweige denn einem Platten-Deal, für einen Auftritt zu gewinnen.

Danach unterhielt er ein gutes Jahrzehnt in Seattle einen eigenen Musik-Club, in dem er auch selbst sporadisch auftrat. Der Kontakt zu Novick hielt weiter an. Dieser stellte nach einer CMT-Award-Verleihung, für die Corbett als Präsentator geladen war, übrigens sein erster Besuch in Nashville, die notwendigen Kontakte zu Songwritern und Label-Agenten her. Letztendlich entschloss sich Corbett für sein Debütwerk aber doch, aus Gründen der Unabhängigkeit und größeren Flexibilität, ein eigenes Label zu gründen.

Und er hat auch direkt Nägel mit Köpfen gemacht. Exzellente Songschreiber sorgten für ebenso exzellente Songs (Jon Randall, Gary Nicholson, Mark Selby, Hal Ketchum, Elton John-Spezie Bernie Taupin, Rivers Rutherford etc.), allseits bekannte Klasse-Musiker wie Mike Brignardello, Mike Rojas, J. T. Corenflos, Pat Buchanan, Kenny Vaughn, Mike Johnson, Aubrey Haynie usw. für die entsprechende instrumentelle Umsetzung. Und wer kann schon von sich behaupten auf dem Cover-Foto von Bo Derek abgelichtet worden zu sein? Wie dem auch sei, Corbett macht auf jeden Fall mit seiner warmen, leicht angerauten Baritone-Stimme eine prächtige „Figur“!

Im einzelnen. „Bottle Of Whiskey“, der großartige Opener, startet direkt im Stil von Travis Tritt in allerbester Southern-Country-Rock-Manier, gewürzt mit klasse Orgel-, Piano- Fiddle- und Steel-Passagen, sowie mit messerscharfer E-Gitarren-Arbeit. Das melodische „Good To Go“ (tolle weibliche Harmonies von Sara Buxton) und das temperamtvolle, voller Power steckende, funkig-soulig angehauchte „Revival“ (klasse Dobro, wieder tolle Buxton-Backs, starker Instrumentalausklang), sowie die erste, gefühlvolle, von einer wunderbaren Melodie begleitete Country-Ballade „Wichita“ (glänzend klares Piano von Mike Rojas, viel Steel, schönes E-Gitarren-Solo) beweisen, dass John Corbett stimmlich problemlos jedes Tempo gehen kann – und das mit Bravour!

Weitere Höhepunkte von insgesamt zwölf Stücken ohne jeden Durchhänger. Das grandios gebrachte, trockene „Simple Man“ aus der Feder von Darrell Scott und Hal Ketchum, mit wunderbarer Harmonika-Vorstellung von Wet Willie-Chef Jimmy Hall, sowie fulminanten Harmonika-/Dobro-/Piano-/E-Gitarren-Duellen, die Slide-getränkte, roughe, bluesig-rootsige Ballade „Back Door To My Heart“ (wieder ein großartiges, würziges E-Gitarren-Solo), der flotte, astreine New Country-„Hit“ „Waiting on a heartache“, das bereits von Iron Horse auf ihrem Zweitwerk, allerdings etwas rockiger interpretierte „Best Move“, hier in der eher melodischen, schön knackigen Southern-Country-Rock-Variante.

Wie bereits erwähnt. Ex-Marshall Tucker Band-Gitarrist Geroge McCorkle hat den Song mitkomponiert und bedient hier auch die unverkennbare, absolut southern-typische E-Gitarre (schönes Twin-Spiel aus Steelguitar und E-Gitarre). Das abschließende Stück „Last Stand“ kennt man auch in der Fassung von Willie Nelson, im Duett mit Kid Rock. John’s sehr emotionale Version mit viel Slide und dezenten Streicher-Einlagen, steht dieser allerdings in nichts nach. Ein wirklich beeindruckendes Debüt von John Corbett!

Kein Wunder, dass er bei Bands wie ZZ Top, Charlie Daniels, Buck Owens oder Asleep At The Wheel bereits als gern gesehener Supporter gebucht wurde. Bei weiteren Klasse-CDs wie dieser, oder vielleicht sogar jetzt schon, ist der Weg Corbetts zum gefragten Headliner wohl unweigerlich vorprogrammiert. Covergestaltung übrigens im schönen, reich bebilderten Digi-Pack! Produziert haben Freund Tara Novick und D. Scott Miller. Also John, vergiss Hollywood, Deine wahre Zukunft liegt eindeutig in Nashville! Ein tolles Album, das mächtig Spaß macht!

Fun Bone Records (2006)
Stil: New Country

01. Bottle Of Whiskey
02. Good To Go
03. Revival
04. Witchita
05. Cash
06. Simple Man
07. Back Door To My Heart
08. Best Move
09. Leave
10. Waiting On A Heartache
11. Judge A Man
12. Last Stand

John Corbett
John Corbett bei Facebook
Bärchen Records

John Corbett – Leaving Nothin’ Behind – CD-Review

Sehr starkes Album von John Corbett! Der in unseren Breitengraden ja eher als Schauspieler in Serien wie „Sex And The City“ oder Kinostreifen wie „My Big Fat Greek Wedding“ bekannte Interpret, hatte 2006 ein sehr beachtliches Debüt als Musiker hingelegt, was bei vielen seiner Kollegen mit gleichem Anliegen bekanntlich meistens schief gegangen ist. Gute sieben Jahre später hat es ihm scheinbar wieder „in den Fingern gejuckt“ und er beschert uns ein weiteres, ganz großartiges New Country-/Countryrock-Werk mit dem Titel „Leaving Nothin‘ Behind“.

Wow, dass ist so stark, als wäre er von Hause aus Musiker und nicht Schauspieler. Auch wenn John in kompositorischer Hinsicht nicht involviert ist, so muss man ihm einerseits ein exzellentes Gespür für die richtigen, zu ihm passenden Songs attestieren, andererseits ein sehr glückliches Händchen bei der Auswahl der Leute, die ihn bei seinen Musikprojekten umgeben, bescheinigen. Beim Erstling damals hatten der beliebte und kurz danach verstorbene The Marshall Tucker Band-Gitarrist George McCorkle und auch Jon Randall Stewart (der schrieb seiner Zeit die beiden mit markantesten Tracks der CD „Bottle Of Whiskey“ und „Cash“) wesentliche Akzente gesetzt.

Mit Letztgenanntem hat sich seither eine dicke Freundschaft entwickelt. Und so entschied sich Corbett schwerpunktmäßig, von Randall neu kreierte Stücke umzusetzen, bis auf das schöne, atmosphärische „Tennesse Will“ aus der Feder von Pat McLaughlin und Adam Hood (voller wunderbarem Southern Soul, mit feiner Mandoline, Orgelhall, typisch weiblichem Background Gesang, weinender Steel), sowie zwei Coversongs, „Rainy, Windy Sunshine“ (klasse Honky Tonk-Piano von Jimmy Wallace, schöne, riffige E-Gitarren) und „Satin Sheets“ (mit herrlich rotzigen Background-Gesängen und starken Dobro-Fills – beide Stücke sind im übrigen auf dem Debütalbum der Bellemy Brothers ,“Let Your Love Flow“, zu finden), bei denen sehr eindrucksvoll offeriert wird, was man heute aus solch vermeintlich angestaubten Tracks musikalisch rausholen kann, wenn die richtigen Akteure zu Gange sind.

Ja, und bei diesen Akteuren hat Jon Randall Stewart mal wieder eine exklusive, begnadete Musikerschar um sich versammelt, deren Spielfreude sich automatisch auf den Hörer überträgt. Leute wie Steve Gorman (drums) und Audley Freed (guitar) kennt man aus dem The Black Crowes-Dunstkreis, Michael Rhodes (bass), Jimmy Wallace (keyboards), Bryan Sutton (guitars, mandolin), Dan Dugmore (steel, dobro, guitars), John Cowan, Sarah Buxton, Jon selbst und seine Frau Jessi Alexander (die nach knapp einer Woche, nachdem sie Zwillinge zur Welt gebracht hatte, schon wieder mit in die Aufnahmen einstieg) sind allesamt gern gebucht, wenn es in Nashville gilt, eine hochwertige Studioscheibe zu produzieren.

Apropos Produktion. Auch hier hat Jon Randall in Zusammenarbeit mit Gary Paczcosa ein wunderbar klares und transparentes Ergebnis erzielt. Der Opener „Steel Your Heart“ plätschert zunächst zu lässiger Akustikgitarrenuntermalung dahin, nimmt dann im Verlauf mit dem Einsetzen von Orgel, Piano und E-Gitarren (schönes Solo am Ende) und Backs aber ordentlich Fahrt auf. Sofort versprüht dazu der smarte Sänger mit seiner angenehmen Stimme ein wohliges Ambiente. Das ruhige innehaltende „Name On A Stone“ erhält aufgrund des vor geraumer Zeit verstorbenen Vaters fast schon autobiografische Züge.

Einfach herrlich das wie eine Art zurückgenommenes „Hotel California“ im Tex-Mex-Gewand voller Atmosphäre und Spannung steckende „El Paso“ (grandios die klare spanische Akustikgitarre, dazu die bedrückenden E-Bariton-Fills und die dramatisch klingende Slide-Gitarre). Klasse auch der Text („…I wasn’t even in El Paso, when they gunned that cowboy down, I was in the arms of Rosa, sleeping safe and sound, so remember when you hang me, all I’m guilty of is drinking cheap tequila, and falling in love…“). „Backside Of A Backslide“ ist ein richtig in Bakersfield-Manier abgehender Gute-Laune-Coutryrock-Heuler mit tollem, im Southern Rock verankertem E-Gitarren-Spiel.

Die wieder eher ruhig gehaltenen Stücke „Me And Whiskey“, „Cocaine And Communion“, sowie das abschließende, grandiose „Dairy Queen“ demonstrieren vor allem wieder das erstklassige Zusammenwirken von Corbetts kraftvoller Wohlfühlstimme und dem herrlichen Spiel der beteiligten Musiker. Gerade das finale Stück mit dem dezent grassigen Flair hat absolute Gänsehautgarantie. Wenn Wallace sein Akkordeon sanft surren lässt, Suttons Mandoline zwitschert und Dugmore seine Dobrofills dazwischen wirft, zieht man als Zuhörer voll von Ehrfurcht den imaginären Hut und stellt sich bei dem klaren Klang fast vor, man säße mit im Studio. Ein toller Abschluss!

Sieben Jahre sind tatsächlich vergangen. John Corbett hat sich nicht nur äußerlich verändert (die längere Matte ist zugunsten eines gut aussehenden, modischen und zu ihm passenden Kurzhaarschnitt gewichen – er sieht jetzt so ein bisschen wie ein Robert Redford in besten Jahren aus), auch seine Musik ist reifer geworden und hat (auch dank Jon Randalls Einfluss) erheblich an Tiefe gewonnen. „Leaving Nothin‘ Behind“ überzeugt auf ganzer Linie und man kann nur hoffen, dass John Corbett die nächste Wartezeit etwas kürzer ausfallen lässt. Großartig!

Funbone Records (2013)
Stil: New Country

01. Steal Your Heart
02. Tennessee Will
03. Name On A Stone
04. Rainy Windy Sunshine
05. El Paso
06. Backside Of A Backslide
07. Me And Whiskey
08. Cocaine And Communion
09. Satin Sheets
10. Dairy Queen

John Corbett
John Corbett bei Facebook
Bärchen Records