Crystal Shawanda – Church House Blues – CD-Review

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Hatte mich zu Anfang des Jahres noch die mir bis dato unbekannte Betty Fox mit ihrer Band in Verzückung geraten lassen, ist es jetzt Crystal Shawanda, die mich mit ihrem neuen Werk „Church House Blues“ regelrecht vom Hocker reißt.

Groß geworden im Wikwemikong Reservat auf der Insel Manitoulin im Norden von Ontario in Kanada, startete sie 2008 mit ihrem Debütalbum „Dawn Of A New Day“ (übrigens auch ein Synonym für ihren Nachnamen) zunächst durchaus erfolgreich mit Major-Vertrag im New Country-Genre (immerhin erreichte es auf dem Fuße Platz 16), was ihr u. a. Supports bei Stars wie Brad Paisley und Dierks Bentley einbrachte.

Ihre wahre Passion bliebaber, auch wenn sie heute weiterhin in Nashville lebt, der Blues. “The whole time I was singing Patsy Cline on stage, I was singing Etta James at home”, wie Shawanda es einst in einem Interview ausdrückte. Ihr mittlerweile 6. Studiowerk „Church House Blues“ (es ist allerdings keine bluesige Kirchengospelmusik, wie der Name es vielleicht suggeriert) wurde von ihrem Ehemann Dewayne Strobel produziert, der sich auch noch als Co-Writer und Gitarrist in den Credits wiederfindet.

Mit Starbassist Dave Roe, Lynyrd Skynyrd-Keyboarder Peter Keys, Saxofonistin Dana Robbins (Delbert McClinton) und den McCrary Sisters holte sie sich dazu durchaus prominente Unterstützung mit ins Haus. Die durchgehend tollen, demnach hervorragend instrumentell in Szene gesetzten zehn Tracks auf dem Album, erhalten ihre Krone allerdings natürlich durch Crystals phänomenale Reibeisen-Stimme aufgesetzt.

Ich mochte es ja schon immer, wenn Sänger/innen nicht nur einfach den Text ‚runterspulen‘, sondern sich mit ihrer ganzen Emotion und Energie, vokal in ihre Songs ‚hineinlegen‘. Kolleginnen wie Landsmännin Sass Jordan, andere rauchig-kratzige Röhren wie u. a. Beth Hart, Dana Fuchs, Lisa Mills, Bekka Bramlett oder Dale Krantz sind dabei spontan einfallende zeitgenössische Referenzgrößen. Crystal, geht hier, so kommt es auf jeden Fall rüber, zu jeder Zeit bis an die Grenzen ihres Könnens.

Einen Schwerpunkt bilden hier mit Stücken wie „Evil Memory“ (Killer-Barroom-Ballade), „Rather Be Alone“ (dezent psychedelisch), „When It Comes To Love“ (mit einer „A Whiter Shade Of Pale“-Note) und das Berge versetzende „Bigger Than The Blues“ (beide Lieder traumhaft schön – Gänsehautgarantie!) herrliche slow-bluesige Balladen, bei denen ihre Charakterstimme besonders zu beeindrucken weiß.

Die restlichen Sachen bewegen sich auch eher im gedämpften Tempobereich, variieren aber schön mit souligen („Move Me“, „I Can Take It“), klassisch-bluesigen („Church House Blues“), retromäßigen („Hey Love“, „Blame It On The Sugar“ – Motown lässt grüßen) und delta-bluesigen („New Orleans Is Sinking“ – klasse Harp von Stephen Hanner, grandioser swampiger Rausschmeißer am Ende) Modifikationen.

Sehr gut gefällt mir auch das oft atmosphärische Bariton-E-Gitarrenspiel (viele Soli) von Dewayne Strobel, das viel Peter Green-Flair in sich trägt, sowie die einfühlsamen Orgeluntermalungen und Pianoklänge von Keys und Jesse O’Brien.

Cyrstal Shawandas „Church House Blues“ wird, da lege ich mich jetzt schon fest, in jedem Fall unter meinen Top-3-Alben des Jahres landen, wahrscheinlich sogar ganz oben. Eine göttliche Scheibe, die einen in Zeiten oft schweren Gemüts durchgehend fasziniert und bis zum Ende fesselt.

Eine famose Stimme und eine starke Begleitband samt herrlichem Songmaterial aus der ganzen Breite des Genres verschmelzen hier zu einer nahezu perfekten Einheit. Um bei den Superlativen zu bleiben: Bigger than the blues – defenitely!

New Sun Records/True North (2020)
Stil: Blues/Blues Rock

01. Church House Blues
02. Evil Memory
03. Move Me
04. Rather Be Alone
05. When It Comes To Love
06. Hey Love
07. Blame It On The Sugar
08. Bigger Than The Blues
09. I Can’t Take It
10. New Orleans Is Sinking

Crystal Shawanda
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Bezugsquelle: Bärchen Records