Neil Young & Crazy Horse – Barn – CD-Review

Review: Gernot Mangold

Für das neue Album „Barn“ hat Neil Young seine langjährigen Weggefährten von Crazy Horse eingefangen. Wenn man bedenkt, dass Young 1969, also vor 52 Jahren erstmals mit der Band auftrat, wird einem vor Augen geführt, wie lange die Karriere des kanadischen Amerikaners mittlerweile andauert.

Wie schon das Debütalbum erscheint das aktuelle Werk bei Reprise Records und auch seine Begleitband Crazy Horse umweht noch das Flair der Anfangszeiten. Dass Nils Lofgren dabei den langjährigen Gitarristen Frank „Poncho“ Sampedro, der gesundheitlich bedingt nicht mehr dabei ist, ersetzt, passt ins Bild, da dieser zu Anfangszeiten auch bei Crazy Horse aktiv war.

Passend zur rohen lyrischen Schönheit der Songs wurde das Album in einer restaurierten Scheune in den Rocky Mountains aufgenommen. Genau an einen solchen Ort fühlt man sich auch versetzt, wenn die ersten Töne von „Song Of The Season“ erklingen. Mundharmonika, akustische Gitarren und ein Akkordeon untermalen den Song passend zu Neil Youngs Stimme, zuweilen mit schönen Harmoniegesängen seiner Mitstreiter, wie zu Zeiten, als Neil Young den „Sugar Mountain“ besang.

Was danach folgt, ist wie eine Zeitreise durch die Karriere von Neil Young zusammen mit Crazy Horse. Im rauen „Heading West“ zeigt Young sein rockiges Gesicht, welches sein Schaffen in vielen Phasen seit des legendären „Zuma“- Albums, insbesondere mit Crazy Horse prägte. Schön hier das Piano, das dem Song eine gewisse Milde verleiht.

Stilistisch ähnlich, das fast klagend vorgetragene „Canerican“ mit schönen Harmoniegesängen, wo er Veränderungen in seiner Heimat besingt. In diesem Stück wird einem im kurzen abschließenden Gitarrensolo auch klar, warum Neil Young von manchen als Vorreiter des Grunge gesehen wurde.

Songs wie „Change Ain`t“ und „Shape Of You“ führen den Zuhörer noch einmal in die folkige bluesangehauchte Frühphase Youngs, mit seinem charakteristischen Mundharmonikaspiel, wie auch das verträumt melancholische „They Might Be Lost“, das auch nahtlos auf „Harvest Moon“ gepasst hätte.

Richtig losgelassen wird Crazy Horse dann bei „Human Race“ mit harten verzerrten Gitarren und einem für Young typischen Gitarrensolo, in dem Young kritisch den Umgang der Menschen mit der Welt reflektiert. Im ruhigen, prägend vom Piano begleiteten „Thumblin` Trough The Years“ scheint Young zu beschreiben, wie er zuweilen durch die Jahre getaumelt ist, um mit „Welcome Back“ seine psychedelische Seite, besonders in der zweiten Songhälfte, zu zeigen.

Dabei ist die Struktur des Stückes, wie auch das Gitarrenspiel eher ruhig, aber dennoch unverkennbar im typischen Crazy Horse-Stil. Durchaus geschickt, legt Young zum Abschluss des Albums noch eine wichtige Botschaft nach. Im ruhigen folkigen „Don`t Forget Love“ weist er noch einmal darauf hin, was gerade in der heutigen schnelllebigen Zeit nicht vergessen werden sollte.

Mit „Barn“ ist es Neil Young, zusammen mit seiner großen musikalischen Liebe Crazy Horse gelungen, noch einmal ein Ausrufezeichen zu setzen und zu beweisen, dass weder bei ihm noch bei seinen Mitstreitern der Rost angesetzt hat. Interessant an dem Album ist auch, dass es der Protagonist mit der Songauswahl schafft, viele seiner Stile der letzten über 50 Jahre miteinander zu verknüpfen und so sowohl die Fans aus der Hippiezeit, wie auch aus der rauen Zeit mit dem Wilden Pferd, bestens zu bedienen.

Band:
Neil Young: guitar, piano, harmonica, vocals
Billy Talbot: bass, vocals
Ralph Molina: drums, vocals
Nils Lofgren: guitar, piano, accordion, vocals

Reprise Records/Warner Music (2021)
Stil: Rock

Tracks:
01. Song Of The Season
02. Heading West
03. Change Ain`t Never Gonna
04. Camerican
05. Shape Of You
06. They Might Be Lost
07. Human Race
08. Thumblin` Trough The Years
09. Welcome Back
10. Don`t Forget Love

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