
Review: Michael Segets
Sechs Wochen nach dem ersten Album lässt Garrett Bradford nun „Honkiest Of Tonkers – Part 2“ folgen. Der Grund für die seltsame Veröffentlichungspolitik liegt vermutlich in Bradfords künstlerischem Anspruch, zwei Seiten seines Songwritings klar voneinander abzugrenzen. Den einen Teil widmet er dem Country, wie er ihn mit Tennessee verbindet, den anderen verortet er in Texas. Von der Spielzeit hätten beide zusammen locker auf eine CD und wahrscheinlich sogar auf eine LP gepasst. Aber wer denkt in Zeiten des Streamings noch in diesen Kategorien?
Auf der aktuellen Veröffentlichung gewinnt Bradford deutlich an Profil als Songwriter. Trucker-Songs lässt er weg. Wohl streut er wie auf dem Vorgänger einen Track ein, der ganz in der Tradition des Country aus den 1950ern steht („Just A Little“). Thematisch greift er nochmal eine Reminiszenz an seinen Vater auf, der die musikalische Entwicklung von Bradford förderte. „Give Dad A Call“ ist ein ruhiges, nur mit akustischer Gitarre begleitetes Stück, dessen Inhalt wohl jeder nachvollziehen kann, der seinen Vater verloren hat.
Die tiefe Verbundenheit mit seiner Herkunft kommt bei einigen Titeln zum Ausdruck. Sein Hit aus dem Yellowstone-Soundtrack „This Way Of Life“ eröffnet in diesem Sinne das Werk. Bei „Firefly“ reflektiert er die Veränderungen, die in der Landwirtschaft in den letzten Jahrzehnten erfolgten – mit den entsprechenden ökologischen Nebenfolgen. Den Native Americans zollt Bradford seinen Respekt mit „Commanche Moon”. Die eingängige Up-Tempo-Nummer wird durch ein stimmungsvolles Intro eingeleitet und sticht unter den Beiträgen heraus.
Das Album ist also thematisch vielfältig. Dabei fehlen natürlich nicht die Beziehungsgeschichten. Auf „One Two Step“ nimmt ein langjähriges Paar nochmal einen Anlauf, die früheren, glücklicheren Zeiten wiederzubeleben. Pessimistischer schaut die Protagonistin von „She Loves Horses“ in die Zukunft. Von Männern enttäuscht, widmet sie sich ganz ihren Pferden, die treuer sind und weniger lügen. Bradford verpackt aus dem Leben gegriffene Stories in seine Songs. Etwas weiter weg vom realen Leben erscheint „Trouble In The Pines“. Durch den Rhythmus des Schlagzeugs bekommt die Rachegeschichte mehr Dynamik als die reduzierten Balladen, die insgesamt den Longplayer prägen. Der Track stellt letztlich das absolute Highlight des Werks dar, auf dem sich aber auch darüber hinaus beachtenswerte Titel finden.
Wer einen Faible für authentischen Country hat, liegt mit „Honkiest Of Tonkers – Part 1“ genau richtig. Für diejenigen, die an Stories und ruhigeren Americana-Songs ihre Freude haben, ist der zweite Teil der Album-Dublette die erste Wahl. Wie dem auch sei, Garrett Bradford zeigt, dass man ihn als Country-Musiker und Songwriter auf dem Schirm behalten sollte.
Eigenproduktion (2025)
Stil: Neo-traditional Country, Americana
Tracks:
01. This Way Of Life
02. Commanche Moon
03. Firefly
04. One Two Step
05. She Loves Horses
06. Just A Little
07. Trouble In The Pines
08. Give Dad A Call