Sean Webster – Summer Has Gone – CD-Review

Bis dato hatte ich in Sachen Sean Webster immer nur Gelegenheit, über live gespielte Stücke zu reflektieren, sei es über persönlich erlebte Gigs oder aber seine bärenstarke Live-CD „Three Nights Live“. Nun liegt mir endlich sein neues Studiowerk „Summer Has Gone“ zur Besprechung vor, das ab heute auf dem Markt erhältlich sein wird.

Hatte ich nach seinem letzten Auftritt im Oberhausener Gdanska noch darüber sinniert, was Joe Bonamassa, trotz schlechterer Skills, eigentlich so viel populärer macht als Sean, stelle ich mir jetzt nach mehrmaligem Hören dieses Werks die Frage, was vermutlich passiert wäre, wenn Joe Cocker hier als der ausführende Protagonist Pate gestanden hätte…

Der Grund ist, dass Sean Webster sein Schaffen auf diesem Album vom Blues Rock weg in deutliche radiofreundlichere Gefilde gerichtet hat und schwerpunktmäßig in 90er Jahre-umwehte AOR-Musik umswitcht.

Ich persönlich habe überhaupt kein Problem damit, das Werk enthält durchgehend hochmelodische Tracks, den tollen Gesang Websters, den ich eh liebe, und immer das obligatorische, diesmal aber eher meist nur auf den Punkt gebrachte feine E-Gitarrensolo, so wie ich es von meinen vielen präferierten Nashville-Produktionen kenne und auch schätze. Und natürlich typische Keys-Variationen der damaligen Zeit, hier von Axel Zwinselman adäquat mit eingebracht.

Allerdings begibt sich Webster, wie schon richtig vom geschätzten Kollegen Ipach in seinem Review angedeutet, auf einen Drahtseilakt. Zum einen, findet solche Musik in der heutigen Zeit tatsächlich noch in die Radiosender und wenn, auch ohne den großen Namen dahinter?

Zum anderen höre ich schon jetzt das Gejammer und Gemeckere seiner eher traditionell gestrickten Blues-Klientel, die vermutlich das Songkonvolut, vielleicht bis auf den launigen, deutlich aus dem Rahmen fallenden Barroomsong „What You Get“ (mit Steel und HT-Piano) am Ende (und selbst der ist ja auch noch speziell), als Hochverrat an ihren, doch so geliebten Gewohnheiten degradieren werden.

Apropos radiotauglich: Zwei Stücke erweisen hier eine besondere Markanz, beide sind Duette. Das grandiose „Lost And Alone“ mit der ebenfalls megastark singenden Hilde Vos, das es normalerweise wirklich verdient hätte, ein Nr. 1-Hit zu werden. Dann das ziemlich schwülstige Titelstück „Summer Has Gone“, als britisch-italienische Co-Produktion, nur dass hier statt klingender Namen wie Zucchero oder Eros Ramazzotti, Roberto Morbioli von Morblus den italienischen Vokalpart vollzieht. Statt internationalem Glanz gibt es hier leider eher schwermütigen Schmalz zu verkünden. Dieses Stück dürfte den Blutdruck der betagten Blues-Gemeinde besonders in die Höhe treiben…

Und damit kommen wir dann am Ende wieder zum Dilemma. Ich behaupte, dass, wenn Joe Cocker dieses Album herausgebracht hätte, es ein Millionenseller geworden wäre, Sean Webster dagegen wird mit „Summer Has Gone“ weiter sein Brot hart verdienen, ggfs. wenn er Pech hat, sogar noch Schadensbegrenzung in Sachen seiner bisherigen Hauptklientel betreiben müssen…

Wie oben angeführt, ich selbst habe keine Probleme mit dem Lonplayer und finde die CD (DigiPak mit eingelegtem Steckbooklet mit allen Texten) absolut empfehlenswert. Die insgesamt nur 9 Stücke finde ich etwas mau, vielleicht hätte ich noch eine schöne Coverversion mit draufgepackt (dass Sean sowas hervorragend beherrscht, hatte er schon mal beim Keith Urban-Track „‘Til The Summer Comes Around“ zuvor blendend bewiesen). Beim potentiellen Rest der Zielgruppe dürfte es aus beschriebenen Gründen allerdings spannend werden…

Inakustik (2024)
Stil: AOR

Tracklist:
01. Forever Gone Away
02. Won’t Lay Down
03. Can’t Be Alone
04. Lost And Alone
05. Make It Through
06. Never Let Me Go
07. Not Me And You
08. Summer Has Gone
09. What You Get

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