
Review: Gernot Mangold
Mit „Toast“ bringt Neil Young mit Crazy Horse ein Album heraus, das thematisch das Ende von Beziehungen, aber auch in deren Entstehung beschreibt. Entsprechend düster, zuweilen melancholisch ist die Grundtendenz der Songs, die insbesondere Fans der Phasen mit Crazy Horse begeistern werden.
Eingespielt wurde es schon um die Jahrtausendwende, aber in der Form nicht veröffentlicht. Neben Tracks, die dann auf anderen Alben veröffentlicht wurden, sind auch drei bisher nicht veröffentlichte Stücke. Nun war für Young wohl aber der Moment gekommen, das Werk in seiner ursprünglichen Form herauszubringen.
Beim Hören der Lieder kommen Gedanken auf, dass Young nur eigene Beziehungen und Lebensphasen verarbeitet, es gibt auch den Anschein, dass ‚The Old Man‘ ein Resümee über seine über 50 jährige Musikerkarriere mitteilt. Wer weiß, wie lange Young, der in diesem Jahr 77 Jahre alt wird, weiter so eindrucksvolle Musik herauszubringt und auch auf einer Tour promoten wird.
Der eher lieblich erscheinende, ruhige Opener „Quit“ startet mit „Don`t Say You Love Me“ mit einer klaren Ansage. Mit den folgenden Songs wird einmal mehr die Energie von Neil Young und Crazy Horse deutlich. Harte Gitarrenriffs, Youngs unverkennbare Stimme und eingestreute Orgelklänge.
Insbesondere das dann auf „Are You Passionate“ in 2001 veröffentlichte, fast schon hymnische „Going Home“ begeisterte mich schon, als ich es erstmals zu diesem Zeitpunkt live hörte. Ein Song, der auch als Abschluss eines Konzertes taugt. Ich will nicht von einer Abschiedstour sprechen, welche manche Bands in einer Endlosschleife ziehen. Bei Young ist eher zu erwarten, dass er spontan den Entschluss fasst und dies nicht plant.
Nach den rockigen Nummern „Timberline“ und „Gateway Of Love“, im Stile der NYCH-Sachen aus den Zeiten zwischen 1980 und 2000 beweist Young mit „How Ya Doin`“, dass er nicht nur hart kann. Lieblicher Gesang, verträumte Gitarrentlinie und die Untermalung durch die Hammondorgel, zaubern einen melancholischen Song auf die Platte, die sich mit verlorengegangenen Gefühlen beschäftigt.
Das über 13 Minuten gehende Midtempostück „Boom Boom Boom“ rundet das Album ab und offenbart die spielerische Vielfältigkeit der Band. Kurze dezente Gitarrensoli zaubern eine zuweilen psychedelische Atmosphäre, in der sich auch jazzige Elemente wiederfinden.
Das schon vor über 20 Jahren aufgenommene „Toast“ zeigt, wie zeitlos die Musik Youngs ist, wobei seine Werke textlich meist sehr zeitkritisch sind. Für Neil Young-Fans ist das Album ein Muss, wer sich mit dem kanadischen Amerikaner bisher nicht befasst hat, hat mit diesem Album die Möglichkeit, das Spezielle an Neil Young und Crazy Horse zu erfahren, ohne auf ein „Greatest Hits“-Album zurückzugreifen.
Man darf gespannt sein, was Young noch so in seinem schier unendlichen Fundus finden wird, oder ob er vielleicht sogar noch ein absolut neues Album nachfolgen lässt. Schafft er bei den Studioalben gar noch die Fünfziger-Marke zu erreichen? Wenn man die CSNY- und Buffalo Springfield-Veröffentlichungen hinzuzieht, wäre diese allerdings schon weit überschritten.
Band:
Neil Young: guitar, piano, harmonica, vocals.
Billy Talbot: bass, vocals.
Ralph Molina: drums, vocals.
Frank Sampedro: guitar, piano, vocals
Reprise Records/Warner Music (2022)
Stil: Rock
Tracks:
01. Quit – are you passionate 2001
02. Standing In The Light Of Love
03. Goin`Home – are you passionate 2001
04. Timberline
05. Gateway Of Love
06. How Ya Doin`
07. Boom Boom Boom