Street Survivors – The True Story Of The Lynyrd Skynyrd Plane Crash – Blue Ray-/DVD-/CD-Review

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Lang, lang ist es her. Trotzdem erinnere ich mich noch genau, wie ich damals als 14-jähriger Bursche von meinem Vater an einem  späten Nachmittag im Oktober 1977 in die Nachbarstadt Kamp-Lintfort gefahren wurde, um das gerade neue erschienene Album „Street Survivors“ im dortigen Plattenladen zu erwerben.

Voller Stolz, es frisch auf dem Beifahrersitz in den Händen zu halten, ertönte fast zeitgleich im Radio am Ende der Nachrichten die Meldung, dass die Rockgruppe Lynyrd Skynyrd in der Nähe von Gillsburg, Mississippi mit dem Flugzeug abgestürzt sei und die Bandmitglieder Ronnie Van Zant, Steve und Cassie Gaines, sowie Tourmanager Dean Kilpatrick getötet worden seien. Der Schlag in der Magengrube saß tief. Wie auf dem Cover, stand auch meine, bis dato, recht kleine musikalische Welt in Flammen. Ein kleiner Bericht in der BRAVO waren die einzigen Informationen, die man damals im noch intertfreien Zeitalter dazu erhaschen konnte.

Was folgte, ist dem Southern Rock-Fan längstens bekannt. Die Rossington Collins Band, Rosssington, Allen Collins Band und schließlich irgendwann der Neustart mit Johnny Van Zant als Sänger. Damit verbunden auch die recht zügige Ausbotung von Allen Collins, Artimus Pyle, Ed King, diverse Umbesetzungen und schließlich weitere Tode, sodass aus der eigentlichen Skynyrd-Zeit heute nur noch Pyle und Rossington übrig sind.

Im Bezug auf den hiesigen, von Artimus Pyle initierten Film „Street Survivors – The True Story Of The Lynyrd Skynyrd Plane Crash“, gab es eine jahrelange gerichtliche Schlammschlacht zwischen Van Zant-Witwe Judy, Rossington als musikalischer Skynyrd-Verwalter und Pyle, dem ein Gericht in New York letztendlich die Erlaubnis zum Film gewährte, allerdings ohne die Einbindung von Lynyrd Skynyrd-Musik.

Wer hier letztendlich das moralische Recht und die Wahrheit für sich gepachtet, kann man als Außenstehender nicht beurteilen, das wissen nur die Beteiligten selbst. Fest steht, dass sich Artimus Pyle für die Hilfe der Überlebenden verantwortlich zeichnete, als er, nachdem er sich zu einer Farm geschleppt hatte, die Rettung der schwer verletzten Leute (u. a. auch von Rossington) ermöglichte.

Der kurzweilige Film skizziert die packenden Ereignisse von seiner Verpflichtung als Drummer bis hin zum Absturz und den Ereignissen kurz danach. Pyle wird zwischenzeitlich immer wieder mit einigen Statements im Film eingeblendet.

Regisseur Jared Cohn hat die Ereignisse mit viel Liebe zum Detail in mitreißende Bilder gebracht. Bei den Schauspielern wie u. a. Ian Shultis, Taylo Clift, Samuel Kay Forest und Rich Daly III wurde auf ein Höchstmaß an ähnlichem äußerlichem Erscheinungsbild und Authentizität Wert gelegt.

Um nicht all zu viel an Spannung vorwegzunehmen, hier nur ein paar kurze Einblicke. Der Film beginnt mit der telefonischen Anfrage Ronnie Van Zants bei Pyle, ob er seine Künste beim Vorspielen zum Besten geben möchte (er hat am vereinbarten Abend eine Autopanne einige hundert Meter vor der Location, Pyle rennt mit seinen Drumkits in den Händen zweimal hin und zurück zum Spielort, um seine Chance zu wahren).

Dann wird das wilde Leben der Band bei Aftershowparties mit viel Koks, Whiskey, Groupies und Randale skizziert. Danach folgt ein kurzes Intermezzo des Aerosmith-Clans (herrlich die Darsteller von Steven Tyler und Joe Perry – auch hier geht es wild zu), der das Unglücksflugzeug in weiser Voraussicht als Transportmittel rigoros ablehnt.

Weiterhin erlebt man den ersten, schon mit Problemen behafteten Flug, dann die Geschehnisse am Unglückstag selbst, inklusive des Dramas im Flugzeug, sowie Pyles Suche nach Rettung im sumpfigen Waldgebiet , als auch die Geschehnisse ein paar Tage später in den Krankenhäusern und am Unglücksort selbst.

Fast noch interessanter ist der ebenfalls gut 90-minütige Dokumentarfilm zum Making Of, bei dem die 14-tägigen Dreharbeiten sehr schön begleitet wurden. Klasse zu erfahren, wie manche Szenen entstanden sind. Toll vor allem die akribische Arbeit der Maskenbildner (besonders nach dem Crash – manche Anblicke sind nichts für schwache Nerven, z. B. als Artimus einem Verletzten nach mehrmaligen Versuchen, einen Baumstumpf aus dem Körper zieht), der Standleute, aber auch der Schauspieler, zum Beispiel, als es um die dramatischen Szenen im Flugzeug geht. Auch hier gibt Artimus zwischendurch immer wieder kleine Details zum Besten.

On top gibt es noch eine CD mit ganz guter Southern Rock-Musik Musik („Wish“, „Black Creek“, das „Freebid“ nachempfundene Instrumentalstück „In Memory Of“) , größtenteils von der Artimus Pyle Band eingespielt, wobei „Call Me The Breeze“ (performt von Pat Travers) als einziges Stück aus dem Skynynrd-Fundus enthalten ist, da es ja von J. J. Cale komponiert wurde. Highlight sicherlich das von Warren Haynes mitgeschriebene „Street Survivors“, das im Film auch den Abspann begleitet.

Insgesamt ein unterhaltsames Package, dass einen nochmals die damalige Zeit live-haftig Revue passieren lässt, sicherlich auch mit ein paar effekthascherischen künstlerischen Freiheiten, so wird Pyle beispielsweise beim Betreten des Geländes vom Farmer angeschossen, kann danach aber sofort weiterlaufen, als wäre nix passiert. Der hatte aber in Wahrheit wohl nur einen Warnschuss in die Luft abgegeben.

Das komplette Werk spielt sich natürlich in englischer Sprache ab, wobei Pyle bei seinen Statements sehr gut zu verstehen ist, manche Konversationen im Film und Making Of, einen aber allerdings an die Grenze seines Sprachkönnens bringen. Im Groben und Ganzen weiß man aber worum es geht.

Danke an Artimus Pyle, uns an seinen Erlebnissen aus seiner Sicht teilhaben zu lassen. Eine tolle Unterhaltung mit traurigem Hintergrund, aber der großartigen Erkenntnis: Southern Rock will never die!

Cleopatra Entertainment (2020)
Stil: Southern Jam Rock

Blue Ray / DVD:
Film
Bonus Features
– Surviving Street Survivors (Making Of)
– Slideshow
– Trailer

Soundtrack-CD:
01. Southern Feeling (Last Day)
02. Wish
03. Black Creek
04. Curse
05. Rattlesnack
06. In Memory Of
07. Street Survivors
08. 6 Souls
09. Call Me The Breeze
10. Last Flight
11. A Remembrance
12. Rescue

Artimus Pyle Band
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