Porter Wagoner – Wagonmaster – CD-Review

Wago

Dass Rot-Weiß Essen-Sympathisanten der Ruf vorauseilt, besonders leidensfähig zu sein, ist längst kein gut gehütetes Geheimnis mehr, aber dies auch auf andere Bereiche des Lebens dieser armen Menschen bedenkenlos zu übertragen, wäre dann doch ein wenig gemein. Dieses Werk sollte eine Country-CD sein, die mir angeblich auf den Leib geschrieben wäre. Ich, Liebhaber des modernen New-Country, dachte mir in meinem Vorurlaubs-Stress beim Namen Porter Wagoner erst mal nichts, und ging davon aus, dass das sicher wieder einer der vielen jungen, wilden Nashville- oder Texas-Interpreten wäre, die dort jede Woche von neuem wie Pilze aus dem Boden schießen.

Irgendwann klickte ich dann doch auf die Homepage, und bekam direkt ein flaues Gefühl im Magen. Ein grinsender Herr mit typischem zurückgekämmten 50/60er-Jahre-Haarschnitt von ‚anno dazumal‘, kitschig bestickte Hemden mit großen Kragen, und jede Menge CD-Cover mit Wühltisch-Flair auf der Startseite. Aha, Traditional-Country also! Ein Künstler mit der Erfahrung von einem halben Jahrhundert. Country Hall Of Fame-Schwarz/Weiß-Bilder, Grand Ole Opry, diese Uralt-Schinken, die in Vierer-Boxen auf unseren Privat-TV-Sendern in ihren Werbeblocks ans Volk verscherbelt werden sollen, und eben die Befürchtung von altbackener Musik schossen mir als erste Assoziationen durch den Kopf. Nach dem mir immer noch im Magen liegenden RWE-Abstieg also auch das noch…

Das Cover-Bild im Annie Leibovitz-Stil (fotografiert aber von Produzent und Nashville-Musiker Marty Stuart) und die gesamte Aufmachung in trockenem Schwarz-Weiß und ebenso nüchternen Bildern erinnert sofort an den allseits berühmten Johnny Cash . Und so findet man auch einen Song aus seiner Feder in der Tracklist, dem dann, wie auch sonst im Blues so üblich, direkt eine außergewöhnliche Legende angehaftet ist. Stuart, 1981 in Cashs Tourband, hatte damals dem guten Johnny über Porter berichtet, und Kassetten mit seiner Musik vorgespielt. Cash zückte kurze Zeit später einen Song aus der Tasche über ein Krankenhaus, in dem wohl beide mal hospitiert hatten, mit der Bitte, ihn an Porter zu übergeben. Stuart, scheinbar mit der üblichen Musiker-Zuverlässigkeit ausgestattet, vergaß dies allerdings. Als er seine Bude im Vorfeld dieses Albums aufräumte (seit wann werden Künstler in dieser Hinsicht in so kurzen Zeitabständen aktiv…?) fiel ihm das Teil wie durch ein Wunder wieder in die Hände.

Kommen wir zum musikalischen Inhalt. Zunächst muss man sagen, dass die Stücke von gestandenen Nashville-Studio-Musikern in gewohnter Qualität eingespielt wurden, ich entdecke neben arrivierten Leuten wie Stuart Duncan, Mike Johnson, Kenny Vaughn, Harry Stinson sogar meinen Lieblingspianisten Gordon Mote, der allerdings recht zurückhaltend agiert. Zudem sehe ich noch einen mir bekannten Song („Hotwired“) eines Shawn Camp, dessen Album „Fireball“ ich neulich für Bärchen Records mal besprochen habe, der aus meiner Sicht auch den Höhepunkt darstellt, da er noch am modernsten rüberkommt.

Ansonsten traditioneller, staubiger Country alter Schule mit heulenden Steelgitarren und sägenden Fiddeln am Fließband, die Porters doch in die Jahre gekommenen Gesang (z.T. im Erzählstil) in gewohnter Manier unterstützen. Puristen werden natürlich jubeln. Stoff für Freunde des ewig gestrigen Country der Marke Cash, Williams, Jones & Co. Porter Wagoner, bei allem Respekt, aus meiner Sicht ein Fall für den musikalischen Rentenbescheid!

Anti Inc. (2007)
Stil: Country

01. Wagonmaster (#1)
02. Be A Little Quieter
03. Who Knows Right From Wrong
04. Albert Erving
05. A Place To Hang My Hat
06. Eleven Cent Cotton
07. My Many Hurried Southern Trips
08. Committed To Parkview
09. The Agony Of Waiting
10. Hotwired
11. Brother Harold Dee
12. Satan’s River
13. Wagonmaster (#2)

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