Edwin McCain – Lost In America – CD-Review

Zwei Jahre nach seiner phänomenalen Live-DVD haben Edwin McCain und seine Mannen wieder den Weg zurück ins Studio gefunden und beglücken uns jetzt mit ihrem bereits 7. Album – erneut einem geradezu meisterlichen Werk, durchweg von herrlichen Melodien durchzogener, exzellenter, sich tief in den Gehörgängen festsetzender Songs zwischen moderner, amerikanischer Singer/Songwriter-Mentalität, knackigem angerautem Roots-/Heartland-Rock/-Pop, zuweilen dezentem, seiner Herkunft aus South Carolina entsprechenden Southern-Flair, und, trotz der kompakten Songstrukturen, spürbarer Spielfreude!

Der in USA über eine riesige Fanschar verfügende und unter Musiker-Kollegen äußerst anerkannte McCain (zählt bekanntermaßen zu den besten Freunden von Gov’t Mule’s Warren Haynes, auf dessen alljährlichen Christmas-Jams er auch heute noch regelmäßig auftaucht) in brillanter Verfassung! Immer wieder fragt man sich, warum ein so begnadeter Sänger, Musiker und Songwriter mit solch klasse Instrumentalisten im Rücken, der die Fähigkeit besitzt solch hinreißende Songs zu schreiben und zu performen in unseren hiesigen Gefilden nicht über einen Insider-Status hinauskommt.

Auch mit „Lost In America“ hat Edwin wieder einen Longplayer ins Rennen geworfen, der jedem zusagen müsste, der sich für niveauvolle, höchst melodische, rootsige Rockmusik begeistert. Zudem bekommt man diese großartigen Songs von einer unter die Haut gehenden, überaus angenehmen, dezent „staubigen“ Charakterstimme serviert, wie sie nur ganz wenige in dieser Sparte ihr eigen nennen dürfen. Die neue CD beinhaltet zehn Stücke, darunter mit dem überragenden „Gramercy Park Hotel“ und der dem leicht psychedelisch angehauchten Pop-Rocker „My Mystery“ zwei Nummern, die auch bereits auf der eingangs erwähnten DVD live vorgestellt wurden, jetzt als Studioversionen.

„The Kiss“ (schöne Rhythmuswechsel, starke E-Gitarren-Passagen), „Truly Believe“ (tolle Percussion-Arbeit der beiden Gastmusiker Nick Buda und Craig Wright) und „Black And Blue“ (fulminantes Sax-Solo von Craig Shields) stammen alle aus der Feder von McCain und Kollegin Maia Sharp, und bieten diesen typischen, unbeschwerten, melodischen, frischen Roots-Pop-Rock-Spund, den man schon lange von ihm kennt, mal sanft, mal dezent funkig, mal etwas flippiger, mit tollen Refrains, die sofort eindrucksvoll unsere Ohren verwöhnen.

Die einzige, „echte“ Ballade, „Losing Tonight“ (trotzdem recht kräftig), kommt, wie so oft bei Edwin McCain, völlig ohne Schmalz aus. Klasse E-Slide.Führungsriffs, schönes Akustikgitarrenspiel und ganz dezentes Piano verschmelzen mit der Reibeisenstimme des Frontmannes zur harmonischen Einheit. Herrlich auch das relaxt, aber dennoch kräftig groovende, von einer wunderbaren Southern-Roots-Atmosphäre geprägte Titelstück „Lost In America“. Insgesamt erscheint das Album ein wenig rockiger als seine Vorgänger.

Beste Beweise dafür sind der stampfende, von kraftvollen Drums und satten Gitarren getragene Kracher „Bitter And Twisted“, geschrieben von Edwin mit seinen beiden Gitarristen Larry Chaney (was spielt der Mann wieder für klasse Lead-Parts) und Pete Riley (am Ende kreischt McCain gar in Lenny-Kravitz-mäßiger Manier ins Mikro), sowie zwei Stücke, komponiert vom der Band sehr nahe stehenden, ex „Vigilantes Of Love“-Kopf Bill Mallonee. „Welcome To Struggleville“ (mit ungemein viel Power, Slide-trächtig, mit tollem, pumpendes Bass-Spiel von Lee Hendricks) und das das Album abschließende, mächtig kocjhende „Babylon“. Letztgenanntes „erschlägt“ einen regelrecht mit aggressiven, kantigen, lauten, riffigen „Gitarrenbrettern“, die ein ordentliches Southern Rock-Flair in der Art der frühen, rauen Laidlaw fabrizieren. Ganz große Klasse!

Sämtliche Lieder wurden mit viel Fingerspitzengefühl angeordnet, so das einem das Gesamtmenü sehr abwechslungsreich serviert wird. Mit „Lost In America“ ist Edwin McCain ohne Frage eine erneute Weiterentwicklung gelungen. Seine Stimme war nie besser, die Songs wirken ausgereifter und zeitgemäßer als je zuvor. Vielleicht sein bisher bestes und ausgeglichenstes Werk. Man merkt zu jeder Minute, dass er mit einem gut harmonierendem, homogenen, äißerst kompetenten und freudig aufspielenden Team zusammenwirkt. Auf dem Frontcover des Digi-Packs sieht man eine Hand mit nach oben ausgestreckten Daumen, in der Art eines Trampers! Auch wir richten den Daumen steil nach oben – für diese absolute Meisterleistung!

Vanguard Records (2006)
Stil:  Singer/Songwriter

01. Gramercy Park Hotel
02. The Kiss
03. Welcome To Struggleville
04. Trully Believe
05. Lost In America
06. My Mystery
07. Black And Blue
08. Bitter And Twisted
09. Losing Tonight
10. Babylon

Edwin McCain
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