Vanderlinde – Entering The Circus – CD-Review

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Vanderlinde, um ihren Mastermind Arjen van der Linde, betreten zum siebten Male in Sachen neuen Album, den heute schier endlos und unübersichtlich erscheinenden Musikzirkus.

„Entering The Circus“ heißt demnach das mit satten 18 neuen Eigenkreationen randvoll gefüllte neue Werk und wurde diesmal in Waimes, einem kleinen beschaulichen Ort in den belgischen Ardennen, von Erwin Musper (u. a. David Bowie, Van Halen, Chicago, Def Leppard) produziert.

Dezenz, Ästhetik und Regeneration sind Attribute, die mir spontan bei der Gesamt-Charakterisierung der Stücke einfallen. Alles wirkt so angenehm unaufgeregt, schön und relaxt instrumentiert. In hektischen Zeiten wie diesen, wo man sich größtenteils wie ein Getriebener fühlt, eine willkommene Gelegenheit, mal einfach abzuschalten und ‚Fünfe gerade sein zu lassen‘.

Die Band, im Grundgerüst bestehend aus Arjen van der Linde, Wietze Koning, Bart Schwertmann , Christof Bauwens und Fokke de Jong, ergänzt um Musiker wie JB Meijers, Roel Spanjers und Dana Keller (Marvin Gaye/Stevie Wonder), sowie dem Noordpool String Quartet, serviert uns vornehmlich eine Reise von den sechziger bis achtziger Jahren, allerdings unter den heutigen modernen Produktionsbedingungen.

Assoziationen zu Acts wie den Beatles, Crosby, Stills & Nash, Smokie, Eric Carmen, Poco, Eagles, David Bowie, Del Amitri, Venice und Doc Walker oder Acoustic Garden aus aktuelleren Gefilden werden automatisch sich in so manchen Hooks, Melodien und Songschnipseln geweckt.

Als meine persönlichen Favoriten in einem harmonisch zusammengestellten Konstrukt entpuppen sich eingängige und wunderbar melodische Lieder wie der Ohrwurm „Is It You Babe?“, countryesk angehauchte Stücke wie „Over The Moon And The Stars“ und „All She Ever Knew“, das smoothe „Yes I’m Home“ und das southern-soulige „Where I Belong“ (mit herrlichem Akkordeon).

Und selbst wenn es bei Tracks der Marke „Dixie Down Blues (Last Night On Earth)“, „Clutch And Drive“ und „Beat Of The Street“ mal etwas (southern) rockiger und E-Gitarrenlastiger (zum Teil mit schönen Slides) zugeht, wartet man auf ein Durchdringen oder Erschüttern der stoischen Ausrichtung des Gesamtwerkes vergebens.

Aufgeschlossene Passionisten von Rockmusik der härteren Gangart sollten  lieber zunächst mal reinschnuppern, alle, die sich gerne mal zum Abschalten auf die Couch ‚hauen‘, um sich von wunderbaren Melodien und stilvollen Instrumentierungen betören lassen, finden in Vanderlindes neuem Longplayer ihren Stoff,  um wieder ‚in die Spur zu kommen‘ oder ‚den Akku neu aufzutanken‘.

Vanderlinde präsentieren sich auf  „Entering The Circus“ als die personifizierte rockmusikalische Alternative zur Entschleunigung unseres von steter Unruhe und Wandel geprägten Lebens. Balsam für die Seele und somit unter Umständen auch therapeutisch von Nutzen.

Snakebite Records (2019)
Stil: Rock

01. World War Avenue
02. Over The Moon And The Stars
03. Is It You Babe?
04. When White Is Your Only Colour
05. All She Ever Knew
06. Bury The Hatchet
07. Floating On Water
08. Dixie Down Blues (Last Night On Earth)
09. When Will You?
10. To Your Door
11. Dwell With Me
12. Watch Your Game
13. Soaring
14. Clutch And Drive
15. Yes I’m Home
16. Where I Belong
17. Beat Of The Street
18. Your Tenderness

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Vanderlinde – Live Trails – CD-Review

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Review: Stephan Skolarski

Die seit Jahren vorbildliche Musikkultur in den Niederlanden lässt teilweise mit ein wenig Neid zu unserem „kleinen“ Nachbarn hinüberschauen. Nicht nur, dass fast jede internationale Band auf Tour immer einen Stop dort einlegt, auch die eigene Musikszene glänzt seit langem mit vielen unterschiedlichen Acts.

Vanderlinde, die sich nach ihrer treibenden Kraft, Bandleader Arjan van der Linde, benannt haben, bringen mit „Live Trails“ ihr erstes Live-Album heraus, das in Groningen aufgenommen wurde. Erwähnt werden muss die lobenswerte Idee der Band, die Einnahmen des Albums für wohltätige Zwecke zu Gunsten eines Waisenhauses in Ecuador zu spenden.

Der beschwingte Opener „The Difference“ bildet einen guten Auftakt für diese umfangreiche Live-Sammlung. „In One Day“ weist klare R.E.M.-Reminiszenzen auf, mit radiotauglichem Refrain, der sich schnell im Gehörgang festsetzt. Die schöne Akustik-Gitarren-Begleitung auf „Spending It All Jack“ lässt den Song sehr melodisch wirken und schließt mit einem fulminanten Gitarrensolo ab.

Hervorzuheben ist bereits jetzt Gitarrist Wietze Koning, der auf „When You Walk On By“ mit einem stimmigen und interessanten Solo begeistern kann. Das fünfte Stück „I’ll Weep Tonight“ ist ein langsames, harmonisches Duett und fügt sich mit der ausgefeilten Hookline gut in die Klangbilder ein. „Little Things“ ist wunderschön instrumentalisiert; Hauptaugenmerk sollte hier aber die Stimme van der Lindes sein, die sehr eingängig Erinnerungen an Michael Stipe aufkommen lässt. Mit „In Your World“ und „While The Devil Deals“ kommen zwei eher vom Country angehauchte Stücke, die dem Album einen kleinen Stilwechsel verpassen und ein wenig an eine Mischung aus den Eagles und Garth Brooks erinnern.

Das Gespür der Band für die richtige Stimmung findet sich auch auf den folgenden „Katie Lee“ und „Miss Molly“, die mit einem packenden Rhythmus aufwarten. Der letzte Song „She’s Rock’N’Roll“ wird von kräftigen Southern- und Blues Rock-Tönen getragen und bildet einen starken und powervollen Abschluss.

Leider kommt der Live-Sound in der Produktion nicht ausreichend zur Geltung. Das Potenzial für wuchtige und ausfüllende Stadionrock-Hymnen mit animierenden Mitsingrefrains a la R.E.M. oder U2 haben die Songs (noch) nicht. Vanderlinde stellen aber auf jeden Fall eine Bereicherung für die niederländische und europäische Musikszene dar und sind ein absoluter Geheimtipp für Liebhaber melodisch gut dosierter Rocksongs, die harmonisch eine schöne Soundlandschaft erschaffen.

Snakebite Records (2018)
Stil: Rock

01. The Differenece
02. In One Day
03. Spending It All Jack
04. When You Walk On By
05. I’ll Weep Tonight
06. Little Things
07. In Your World
08. While The Devil Deals
09. Katie Lee
10. Miss Molly
11. Across The Hall
12. She’s Rock’n’Roll

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