Kingsborough – 1544 – CD-Review

KB_300

Review: Michael Segets

Der Titel des Albums ist Teil der Adresse, an der sich die vier Musiker von Kingsborough zwei Jahre lang getroffen haben, um gemeinsam an den Songs zu arbeiten. Das Quartett aus Kalifornien unternimmt auf „1544“ mit ihren Eigenkompositionen einen Streifzug durch die Rockgeschichte. Herausgekommen ist dabei eine CD, die vor allem in der ersten Hälfte überzeugt.

Der Longplayer startet mit „Percy“. Der Rocksong hat alles, was einen guten ausmacht: einen treibenden Rhythmus, einen erkennbaren Refrain, eine instrumentale Bridge und ein fulminantes Ende. Ebenso gelungen geht es mit „Low Down“ weiter, das an die siebziger Jahre erinnert. Auf der Grenze zum Hard Rock liegt „Subtle Lies“. Die dunkle, teils kratzige Gitarre mit ein paar Rückkopplungen gegen Schluss prägt das Stück. Der hymnische Song verlangt eigentlich nach einer Stadion-Bühne.

Als Vorgruppe von Joan Jett und ZZ Top sammelten Kingsborough bereits Erfahrungen vor großem Publikum. Die Zeitschrift BAM vergleicht deren Bühnenpräsenz mit der von Bruce Springsteen. Ob dabei gegen das unausgesprochene Gebot verstoßen wurde, den Namen des Bosses nicht unnütz bei Vergleichen im Munde zu führen, kann eventuell im Herbst geprüft werden, wenn die Band nach Europa kommt.

„Right On Time“ groovt und die Stimme von Billy Kingsborough wird mit dezentem Hall versehen, was sich prima in den Sound des Titels einfügt. Ein schrilles Gitarrensolo hebt sich vor dem durchgängigen Rhythmus, den John Whitney am Schlagzeug und Chris Mangione am Bass vorgeben, ab. Die Gitarren werden von dem Bandleader und von Alex Leach gespielt.

Bei „Wild Ones“ rekrutiert die Band Kevin Thomas für die Hammond B3 Orgel. Mit der getragenen, mit etwas Pathos versehenen Ballade zeigt Kingsborough, dass sie auch die ruhigeren Töne beherrschen. Nach diesem Ausflug nimmt die CD wieder Fahrt auf.

„Something Strange“ fängt stark an, versteigt sich dann aber in einen überladenen Zwischenteil, der mit einem abrupten Schnitt abbricht. Danach setzt der Song wieder ein. Zunächst konnte ich mich mit der Struktur nicht anfreunden, nach mehrmaligen Hören gewinnt der Track. Während er dadurch in den Akzeptanzbereich rückt, gelingt dies „Where I Belong“ nicht. Auch das Stück hat sehr gelungene Passagen, aber die gesanglichen Kapriolen von Billy Kingsborough, die dem Hard Rock entlehnt sind, sprechen mich überhaupt nicht an.

Mit den dominierenden Keys kommt „Hard On The Heart“ ziemlich poppig im Stil der achtziger Jahre daher. Gegen Ende steigert sich der Longplayer allerdings wieder. Bei dem erdigen und gitarrenlastigen „No More“ unterstützt Ari Rios die Truppe gesanglich. Auf „Before Long“ lässt es Kingsborough dann erneut scheppern. Billys Stimme wird leicht verzerrt und der Gitarrensound klingt nach dem Rock ’n‘ Roll der fünfziger Jahre.

Die Instrumente sind differenziert ausgesteuert, sodass auch bei den Stücken, bei denen sich die komplette Band ins Zeug legt, kein Soundbrei entsteht. Dies ist sicherlich auch ein Verdienst des Produzenten Damien Lewis, der schon mit The Wood Brothers, Rihanna und Katy Perry zusammenarbeitete.

Das Album „1544“ beginnt stark, schwächelt etwas in der zweiten Hälfte und dreht dann nochmal richtig auf. Kingsborough zeigt sich als Band, die in Richtung Hard Rock tendiert, dabei aber unterschiedliche stilistische Elemente der Rockgeschichte aufnimmt und verarbeitet. Man darf also gespannt sein, welche musikalische Entwicklung die Band zukünftig nimmt.

Kingsborough Music (2017)
Stil: Rock

01. Percy
02. Low Down
03. Subtle Lies
04. Right On Time
05. Wild Ones
06. Something Strange
07. Where I Belong
08. Hard On The Heart
09. No More
10. Before Long

Kingsborough
Kingsborough bei Facebook
Black Pike Favorites