Reckless Kelly – Good Luck & True Love – CD-Review

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Herausragendes, neues Album der texanischen Roots-/Americana-/Red Dirt-Countryrock-Helden! Es ist gerade mal wenige Wochen her, seit die jüngeren Braun-Brüder, Micky und Gary, mit ihrer Band Micky & The Motorcars ihr großartiges Album Raise My Glass veröffentlicht haben, da werfen auch die beiden älteren Brüder des Braun-Clans, Cody und Willy, mit ihrer Band Reckless Kelly und dem neuen Meisterwerk „Good Luck & True Love“ geradezu ein „Hammerteil“ in die Waagschale.

Der Vorgänger Somewhere In Time aus dem Jahre 2010, bei dem man dem musikalischen Vorbild Pinto Bennett in Form eines Coverwerkes Tribut zollte, wurde, obwohl musikalisch bärenstark umgesetzt, von der RK-Fangemeinde eher mit geteilter Meinung aufgenommen. Doch mit ihrem neuen Longplayer gibt es nun wieder eigenständiges Reckless Kelly-Material (im Übrigen auf eigenem, neuem Label) und das hat es wahrlich in sich. Ja, man muss wohl konstatieren, dass die Band, die ohnehin schon seit Jahren auf Top-Niveau agiert, sich erneut gesteigert hat.

Sie sind auf dem Zenit ihrer bisherigen Laufbahn angelangt. Bei diesem Werk stimmt wirklich alles (Näheres dazu noch später)! Schon der Opener „Give It A Try“ dürfte der in letzter Zeit nicht so üppig verwöhnten Red Dirt-Szene regelrecht Freudentränen in die Augen treiben. Was für ein herrlich melodischer, entspannter, dennoch mit der richtigen Portion texanischem Staub behafteter Countryrocker. David Abeytas Slide-Gitarre surrt, Cody Brauns Mandoline zirpt als dezent folkige Untermalung und Willy singt dazu mit seiner charismatischen Wohlfühlstimme. Einfach wunderbar.

In eine ähnliche Kerbe schlägt das folgende, voller Selbstironie getextete „Save Me From Myself“, das in seiner Art weniger introvertiert herüberkommt. Das mit einem leichten Tom Petty-Feeling daher kommende „Guarded Hear“ punktet mit einem traumhaften, sich in den Gehörgängen sofort festsetzendem, markanten Refrain. Toll hier die E-Gitarren-/Mandolinenkombi im Solo-Teil. Dann wird der „Rock-Hammer“ geschwungen. „She Likes Money, He Likes Love“ heißt dieser famose Knaller, bei dem die „Luzie richtig abgeht“. Da werden gar Erinnerungen an countryrockende Georgia Satellites wach. Drummer Jay Nazz gibt dabei schon fast in punkiger Manier die Schlagzahl vor.

Sollten die Radiostationen mal nach einem furiosen Country Rock’n’Roller Ausschau halten, der trotzdem von einer tollen Melodie getragen wird, dürften sie hier fündig werden. Den Puls wieder runterfahren darf man dann beim anschließenden „I Never Liked St. Valentine“, einer wunderschönen Willy Braun/Todd Snider-Komposition (herrliches Akustikgitarrenspiel), die sowohl die irischen Wurzeln der Brauns als auch die mit diesem Tag verbundenen Emotionen auf bemerkenswerte, durchaus humoristische Art und Weise („I don’t need a Ballantine“) verbindet.

In der zweiten Hälfte des Albums wird dann der Countryfaktor deutlich erhöht, zumal Cody Braun von der Mandoline vermehrt zur Fiddle umschwenkt. Die „sägt“ sich beispielsweise unbeirrt ihren Weg durch das schwungvolle „Weatherbeaten Soul“ (inkl. schönem Solo). Der prächtige Titeltrack „Good Luck & True Love“ bietet dann nochmal gitarrenbetonten Red Dirt-Countryrock in Perfektion. Stark hier auch das Gesangs-Wechselspiel zwischen Willy und Cody im Refrain. Richtig schönen, fast schon traditionellen Country gibt es auf „I Stayed Up All Night“. Willy mit Erzählgesang voller Pathos, Cody lässt ein ums andere Mal die Fiddle aufheulen, im Chorus steuert Nashville-Sängerin Dani Flowers bezaubernde Harmonie-Gesänge bei. Klasse!

Apropos Nashville. Die auch unter „Music City“ bekannte Hochburg des kommerziellen Country bekommt in „New Moon Over Nashville“ textlich ihr Fett weg. Eine wunderschöne, leicht rootsige Country-Nummer. Das abschließende, saustarke „Hit The Ground Runnin'“ fängt zunächst recht harmlos an, entwickelt sich aber nach der Eingangsstrophe zu einem furiosen, gitarrenbetonten Southern Rocker mit grandiose E-Gitarrenarbeit von David Abeyta (fette Soli). Ein fulminanter, kräftiger Ausklang. Große Klasse! Auch die Produktion von Abeyta und den beiden Braun-Brüdern ist als sehr transparent, sauber und kräftig zu bezeichnen.

Doch nicht nur die Musik dieses Albums ist fantastisch gelungen. Auch das komplette, prächtige Grammy-nominierte Cover-Artwork darf nicht unerwähnt bleiben. Dessen Kreateure, Sarah und Shauna Dodds, haben hier ein mit viel Liebe zum Detail behaftetes, buntes Digipack erkoren. Zum einen kann man sich in einem Spiel mit der ‚Hand Of Fortune‘ (eine beigefügte ausgestanzte Hand, die man da, wo die CD steckt, drehen kann) sein Glück mittels vorgefertigter Antworten erfragen, zum anderen kann man das beigefügte Booklet noch durch die linke Seite der Digipack-Hülle ziehen und sich mittels einer darin ausgefügten Aussparung einen Schwarz-/Weiß-Kurzfilm (mit Willy und Cody als Protagonisten in historischem Outfit) in Daumenkino-Manier anschauen. Mit viel Geschmack gemacht!

Somit ist „Good & True Love“ nicht nur ein musikalisches Meisterexemplar geworden, sondern auch als regelrechtes Gesamtkunstwerk zu betrachten. Phantastisch! Ein absolutes Schmuckstück der Red Dirt-/Countryrock-Sparte – in jeder Hinsicht! Reckless Kelly rules!

No Big Deal (Cargo Records) (2011)
Stil: Country Rock/ Red Dirt

01. Give It A Try
02. Save Me From Myself
03. Guarded Heart
04. She Likes Money, He Likes Love
05. I Never Liked St. Valentine
06. Weatherbeaten Soul
07. Good Luck & True Love
08. I Stayed Up All Night Againk
09. New Moon Over Nashville
10. Hit The Ground Runnin‘

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