Michelle Malone – Debris – CD-Review

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Herrlich! Rauer, dreckiger, aber immer von eingängigen Strukturen geprägter, würziger, von einem leichten Swamp-Feeling durchzogener, facettenreicher Roostrock-/Bluesrock von einer Güte, wie man sie wahrlich nicht alle Tage erlebt! Michelle Malone stammt aus Atlanta, Georgia und ist beileibe kein „Greenhorn“ auf ihrem Gebiet mehr. Die Dame ist schließlich seit fast zwanzig Jahren im Geschäft und präsentiert mit „Debris“ bereits ihr zehntes Album. Die positiven Kritiken zu diesem Werk überschlagen sich regelrecht.

So schreibt der „Atlanta Music Guide“ schon fast euphorisch, dass die vier ersten Tracks von „Debris“ die vielleicht besten Blues (-Rock) Songs sein werden, die wir dieses Jahr zu hören bekommen, wenn nicht sogar die beste Songkombination eines Albums dieser Sparte überhaupt darstellen. Das „Blurt Magazin“ charakterisiert sie sogar als „the sexiest, most swaggering-est gal rocker on the goddam planet right now“.

Und in der Tat, Michelle Malone durchbricht die statischen Sphären eines mittlerweile oft vorhersehbar wirkenden Genres mit hungriger Frische („…like a young Bonnie Raitt bedding down Keith Richard…“), intelligenten Texten, feinfühligem Songwriting, einer extrem wandelbaren Stimme (sie hat das Talent dafür regelrecht in die Wiege gelegt bekommen, denn sowohl Mutter und Großmutter waren professionelle Sängerinnen) und extrem virtuoser Spielfreude (sie beherrscht, neben der Gitarre auch noch Schlagzeug, Saxophon und Mundharmonika), die durch nahezu 200 absolvierte Konzerte pro Jahr ihren Feinschliff erhält. Bestimmt wird das rootsige und ungemein bluesige Material (die Einflüsse von den Rolling Stones, über die Faces, Creedence Clearwater Revival, Janis Joplin, bis hin zu Tom Petty und Bonnie Raitt sind spürbar, werden aber nicht immitiert, sondern zu einer feinen, wunderbar spannenden, eigenen musikalischen Identität verarbeitet) oftmals von feuriger, swampiger Electric Slide Gitarre, die ein prächtiges Southern-Feeling erzeugt. Klar, das muß sein, bei dieser Herkunft!

Betreut hat ihre neue CD Nick Di Dia, der schon mit arrivierten Interpreten wie Bruce Springsteen, The Black Crowes, Pearl Jam, Train oder den Stone Temple Pilots Erfahrungen gesammelt hat. Auch die Musikerauswahl (u.a. Peter Stroud, Phil Skipper, Tony Reyes, Dave Antony, Jonny Daly) erweist sich als exzellent. Kommen wir zu dem eingangs hoch gelobten Songquartett: Der Opener „Feather in A Hurricane“, ein furioser Swamp-Blues-Boogie, beschreibt bildhaft und in treffender Weise die ausweglos erscheinende Situation des Individuums in unseren wirtschaftlich stürmischen Zeiten. Klasse hier Malones angriffslustiger, anklagender, fast schon dreckiger Gesang und ihr wüstes Bottleneck-Slidespiel (inklusive starkem Solo), dass in aggressiver Weise den kritischen Unterton des Songs nochmal angemessen hervorhebt. Ein grandioser Auftakt!

„Yesterday’s Make Up“ groovt flockig und sehr melodisch im würzigen, Stones-riffigen Rootsrock-bereich (Marke erdige Sheryl Crow) und gipfelt in einem eingängigen, gut gelaunt klingenden Refrain. Der Titeltrack „Debris“ beginnt ebenfalls mit einem Stones-kompatiblen Riff und entwickelt sich zu einem prächtigen, bluesigen Rocksong mit leicht britischer Prägung (schönes E-Gitarren-Solo. Stimmlich erinnert Michelle hier fast an eine Chrissie Hynde zu ihren Glanzzeiten und beweist einmal mehr ihre Wandlungsfähigkeit. Toll! Absolut großartig auch das folgende „Untertow“, ein viel Schweiß und Druck versprühender, mit sumpfigem, glühendem Slide-Spiel angerührter, brodelnder Southern-/Roots-/Americana-/Bluesrocker. Also, die vier Eröffnungssongs sind in der tat vier „Knaller“!

Aber es hört danach nicht auf. Nein, es folgen Höhepunkt auf Höhepunkt. Der größte „Ohrwurm“ des Albums ist sicher das schöne „Marked“ das leicht poppig, mit einer unterschwelligen Countrynote, in trockener, lässiger Roots-/Americana-Manier dahinfließt. Ein sommerlicher „Aufmuntersong“. Den Vorteil, unabhängig ein Album für das eigene Label aufnehmen zu können (Malone besitzt seit geraumer Zeit ihr eigenes) wird dann im weiteren Verlauf der Scheibe gut deutlich. Michelle lebt sich hörbar bar frei aus und fühlt sich dabei offenkundig keinerlei starren Strukturen untergeordnet. Während das saustarke „Restraining Order Blues“ in stampfender und shuffelnder Art und Weise seinem Namen alle Ehre macht (wieder mit Malones unwiderstehlichem Slidegezurre), strotzt der herrlich knackige und melodische Rootsrocker „Chattahoochee Boogaloo“ wieder mit wunderbarer, gut gelaunter Südstaaten-Atmosphäre.

„Launig“ bleibt es dann auch beim, mit einem Augenzwinkern in den Rückspiegel blickenden und sehr humoresken „Weed And Wine“. Hier beeindruckt Michelle zudem mit ihren exzellenten Harpspielqualitäten. Gegen Ende verlässt sie dann das Blues Rock-Terrain ein wenig und leistet sich zwei kurze, sehr niveauvoll gestaltete Ausflüge in den poprockigen Indie-Bereich („14th Street And Mars“ und „Sunburn“), um dann mit der gefühlvollen Ballade „Candle For The Lonely“ (vornehmlich mit Cello und Piano instrumentiert) zu einem erneut überraschenden Finale zu kommen.

Michelle Malone hat mit ihrem aktuellen Silberling „Debris“ dem (Damen) Roots-/Blues Rock-Genre eine regelrechte Frischzellenkur verpasst und liefert das bisher wohl unangefochtene Glanzstück ihrer Karriere ab. „This hard-edged album is a winning combination of classic-rock and blues styles, with Malone’s full-bore shouting and singing paired with her own melodic and rocking guitar parts and no-nonsense songwriting, keeping the sound raw and dirty.“ Das unterschreiben wir blind! Famose Roots-/Bluesrock Frauen-Power!

SBS Records (2009)
Stil: Blues-/Roots Rock

01. Feather In A Hurricane
02. Yesterday’s Make Up
03. Debris
04. Undertow
05. Marked
06. Restraining Order Blues
07. Chattahoochee Boogaloo
08. Weed And Wine
09 14th Street And Mars
10. Sunburn
11. Candle For The Lonely

Michelle Malone
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