The Wood Brothers – Kingdom In My Mind – CD-Review

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Review: Michael Segets

Die Tonträger von The Wood Brothers zierten in der Vergangenheit einige geschmackvolle und ästhetisch ansprechende Cover. Das Titelbild von „Kingdom In My Mind“ hingegen sieht wie der dilettantische Gestaltungsversuch eines Photoshop-Anfängers aus. Ich wage schon jetzt die Prognose, dass es ein heißer Anwärter auf das schlechteste Cover des Jahres wird. Aber vielleicht erschließt sich mir dessen künstlerische Brillanz auch einfach nicht.

Anders als auf dem Cover fügen sich die unterschiedlichen Komponenten der musikalischen Beiträge zu einem stimmigen Ganzen zusammen. The Wood Brothers entwickeln einen eigenen Sound, der die einzelnen Songs verbindet, obwohl in diesen eine Vielzahl an Musikstilen durchscheinen. Insgesamt lässt sich das neue Werk ebenfalls wie das vorangegangene „One Drop Of Truth“, das 2018 als bestes Americana-Album für einen Grammy nominiert wurde, unter dieser Musikrichtung subsummieren.

Das Trio Oliver und Chris Wood sowie Jonathan Rix hat alle Titel gemeinsam geschrieben. Im Studio nahmen sich The Wood Brothers jedoch die Freiheit, spontanen Improvisationen freien Lauf zu lassen. „Kingdom In My Mind“ strotzt daher vor kreativen Einfällen, die jedoch zum Teil etwas gewöhnungsbedürftig sind. Einerseits finden sich mit dem Schunkler „The One I Love“ und der Ballade „Satisfied“ eingängige Stücke auf dem Album, auf der anderen Seite sind mit „Little Blue“ und „A Dream’s A Dream“ angejazzte Beiträge vertreten, die Gehörgänge und Nerven eher strapazieren.

Mit den mehrstimmigen Gesangspassagen wie bei „Little Bit Brocken“ scheint gelegentlich ein Gospel-Touch durch. Trotz komplexerer Songstruktur bleibt „Cry Over Nothing“ einprägsam und gehört neben der Uptempo-Nummer „Don’t Think About My Death” zu meinen Favoriten auf dem Longplayer. Dieser treibende Bluesrocker bleibt nicht zuletzt aufgrund des Textes im Gedächtnis.

Gitarre und Keys dominieren mit einem speziellen Klang das Werk, der die oft von Tempo- und Rhythmuswechseln geprägten Songs durchzieht. Die Keys von Jonathan Rix sind beim funky Blues „Alabaster“ besonders auffällig. Die vibrierenden Saiten beim Picking des Gitarristen Chrstopher Wood geben „Little Bit Sweet“ einen besonderen Drive. Bei „Jitterbug Love“ erhält die Gitarre einen swampigen Sound. Vor allem der Refrain erinnert dabei an den Longplayer „Graceland“ von Paul Simon.

Auf „Kingdom In My Mind“ finden sich einige extravagante Titel, bei denen The Wood Brothers mit ihrem speziellen Sound genau das Maß zwischen Tradition und Innovation treffen. Vor allem in der zweiten Hälfte des Albums gehen jedoch bei einzelnen Stücken die Spielfreude und die Kreativität zu Lasten der Songstrukturen.

Der CD durchgängig zu folgen, stellt daher eine Herausforderung für mich dar. Jemand, der gegenüber experimentelleren Spielarten des Americana aufgeschlossener ist, mag mehr Freude am Gesamtwerk haben. Ich werde mir eher die Rosinen herauspicken.

Honey Jar Records/Thirty Tigers (2020)
Stil: Americana

Tracks:
01. Alabaster
02. Little Bit Sweet
03. Jitterbug Love
04. Cry Over Nothing
05. Don’t Think About My Death
06. Little Bit Broken
07. The One I Love
08. Little Blue
09. A Dream’s A Dream
10. Satisfied
11. Little Blue (Reprise)

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