The Bad Ends – The Power And The Glory – CD-Review

Review: Michael Segets

„The Power And The Glory” versetzt mich in die Zeit zurück, als ich noch vor Kraft strotzte und die Wege zum Ruhm noch offen standen – also in die achtziger Jahre. Seit dieser Dekade sind Mike Mantione (Five Eight) und Bill Berry (R.E.M.) musikalisch aktiv. Die beiden altgedienten Musiker haben sich ihre Energie erhalten und sind zu einiger Bekanntheit gelangt. Sie bilden den Kern der neu formierten The Bad Ends, bei denen ebenfalls Dave Domizi, Geoff Melkonian und Christian Lopez mit der von der Partie sind.

The Bad Ends lassen den Alternative Rock wieder aufleben und erinnern so an die frühe Phase von R.E.M. Dabei zeigt die Band, die ihren Stammsitz in Athens, Georgia, hat, eine große Bandbreite zwischen krachenden Rocknummern und folkinspirierten Balladen. Wie es im Independent-Bereich oft üblich ist, bedienen sich auch The Bad Ends bei unterschiedlichen musikalischen Elementen und bauen diese in ihre Songs ein. Insgesamt prägt eine düstere Atmosphäre den Longplayer. Wie die Titel der Einzelbeiträge schon vermuten lässt, verströmen auch die Texte, die überwiegend von Mantione verfasst wurden, keinen freudestrahlenden Optimismus.

Rockstücke und langsamere Vertreter halten sich die Waage. Das auf dem Album mittig platzierte, instrumentelle „Ode To Jose“, bei dem eine Sitar zu hören ist, bildet quasi eine Zäsur. Davor sind mit „Mile Marker 29“, „Thanksgiving 1915“ und „All Your Friends Are Dying“ drei typische Alternative Rocker versammelt. Der letztgenannte Track wurde als erste Single veröffentlicht. Hinsichtlich der Radiotauglichkeit sicherlich die richtige Wahl. Aber auch die anderen beiden sind runde Songs geworden, die ein paar Unwuchten aufweisen und so ihren Independent-Charakter deutlicher offenbaren.

Zwischen diese schnelleren Nummern ist die dunkle, stimmungsvolle Ballade „Left To Be Found“ eingestreut. Erst in der zweiten Hälfte des Longplayers finden sich weitere Stücke mit reduziertem Tempo. Unter diesen ist das folkige „Little Black Cloud“ das eingängigste. Das verhalten einsteigende „Honestly“ nimmt in seinem Verlauf an Volumen zu, welches vor allem durch verzerrte Gitarren sowie einem kräftigen Backgroundgesang erzeugt wird. Die Grundanlage des getragenen „New York Murder Suicide“ wirkt zunächst schmalzig, der Text und Details beim Arrangement konterkarieren allerdings diesen ersten Eindruck.

Mantione zeigt auf der Scheibe beeindruckende Facetten seines Gesangs. Zur Hochform läuft er beim psychodelisch angehauchten Cowpunk „The Ballad Of Santan’s Bride“ auf. Der originelle Song stellt für mich das überraschende Highlight des Albums dar.

The Bad Ends besinnen sich auf die Ursprünge des Alternative Rocks und legen sich mit ihrem Erstling mächtig ins Zeug. Abwechslungsreich, mit großer Spiel- und Experimentierfreude atmet „The Power And The Glory“ den Geist der Independent-Music. Ob sie den Zeitgeist trifft und entsprechende Absatzzahlen erzielt, sei dahingestellt. Künstlerischer Verdienst und Ruhm misst sich ja nicht ausschließlich am kommerziellen Erfolg – oder sollte dies zumindest nicht tun.

New West Records – Redeye/Bertus (2023)
Stil: Alternative Rock

Tracks:
01. Mile Marker 29
02. All Your Friends Are Dying
03. Left To Be Found
04. Thanksgiving 1915
05. Ode To Jose
06. The Ballad Of Satan’s Bride
07. Little Black Cloud
08. Honestly
09. New York Murder Suicide

The Bad Ends
New West Records
Redeye Worldwide
Bertus