Shannon Curfman – What You’re Getting Into – CD-Review

Die aus North Dakota stammende Amerikanerin Shannon Curfman ist eines dieser (meist schnell) gehandelten Wunderkinder der Blues Rock-Szene, obwohl man in diesem Genre schon in der Regel dazu zählt, wenn man sein Debüt unter 60 Jahren schafft, oder? Aber nein, im Ernst, ihr Erstwerk „Loud Guitars, Big Suspicions“ im Jahr 1999 mit gerade mal vierzehn Lenzen war schon wirklich beeindruckend, das Mädel hat mit ihrer kräftigen Stimme und ihrem virtuosen Gitarrenspiel enormes Talent in die Wiege gelegt bekommen und diese Gegebenheiten auch blendend genutzt.

Danach habe ich sie etwas aus dem Auge verloren und ihre EP von 2006 sowie das Nachfolgewerk von 2007 gar nicht so mitbekommen, die Kritiken waren allerdings wohl nicht so berauschend wie beim Erstling. Mit dem aktuellen Album „What You’re Getting Into“ knüpft sie wieder an ihre alte Form an. Aus der spindeldürren Fahrradspeiche von einst ist mittlerweile eine recht gutbeleibte Person geworden, was sich vor allem auf ihr ohnehin immenses Stimmvolumen noch positiver ausgewirkt hat.

Sieben Eigenkreationen stehen dabei drei Fremdkompositionen gegenüber. Die Curfman-Stücke bieten dynamischen, kräftigen Blues Rock mit all seinen Facetten (von straightem Rock über Delta Blues bis hin zu swampigen, psychedelischen und Fusion-Elementen) immer in Verbindung mit ihrer herrlich rotzigen Röhre, die teilweise auch einer Beth Hart ähnelt. Meine Favoriten sind hier das eröffnende Titelstück (Drumpoltern, starkes E-Solo, Harmoniegesänge) und das slidelastige „Curious“, mit der in Framptonscher Manier gebrachten Wah-Wah-Einlage. Mir fehlt eigentlich nur, dass sie, anders wie beim Debüt, mal Luft zum Atmen gewährt. Die schönen, melodischen Tracks im Stile einer Sheryl Crow von damals sucht man hier vergebens, es wird von vorne bis hinten Gas gegeben.

Bei den drei Covernummern nimmt Shannon es dann mit drei ganz Großen der Rockmusikgeschichte auf. Zum einen bringt sie im Duett mit Joe Bonamassa das
Eric Clapton-/Marcy Levy-Stück „The Core“ vom legendären „Slowhand“-Album (als erfrischendes Update, klasse Gitarrenspiel von beiden, vokaltechnisch gesehen singt Shannon den guten Joe natürlich locker an die Wand), zum zweiten eine klasse Version von Queens „Dragon Attack“, eine eher weniger im Rampenlicht stehende Brian May-Kreation von deren kommerziell äußerst erfolgreichen Scheibe „The Game“ (u.a. mit „Another One Bits The Dust“ und „Crazy Little Thing Called Love“) hier in einer recht rauen, dezent psychedelischen Präsentation und zu guter Letzt eine hervorragende, dynamische Neueinspielung des Fleetwood Mac-/Peter Green- Klassikers „Oh Well“ (herrlich feurige Gitarren und Soli).

Die Curfman-Version sollte sich Peter Green besser nicht anhören. Shannons brachiales, gesangliches Gekeife könnte erneut auf ihn eine ähnlich verstörende Wirkung haben, wie der damalige, ominöse LSD-Trip in der Landshuter Landkommune, von dem sich Green der Legende nach angeblich bis heute geistig nicht mehr richtig erholt hat. Ich vermute allerdings eher, dass die Gefahr des unerträglichen Anblicks vom kopulierfreudigen Rainer Langhans in nüchternem Zustand der wahre Grund gewesen ist, sich der Rückkehr in die ‚reale‘ Welt zu verweigern…

Alles in allem hat Shannon Curfman mit „What You’re Getting Into“ die Kurve wieder bekommen. Aus dem einstigen Wunderkind ist mittlerweile eine reife junge Dame und Musikerin geworden. Ähnlich wie Davy Knowles mit „Coming Up For Air“ hat sie ein kurzweiliges Werk geschaffen, das dem oftmals angestaubten Genre mit seiner Frische, Kraft und Dynamik mehr als gut tut. Die Produktion (Shannon mit Jason Miller) ist glasklar und fett, alle Song-Texte sind im Booklet enthalten. I gladly got into it!

Purdy Records (2010)
Stil:  Blues Rock

01. What You’re Getting Into
02. Free Your Mind
03. The Core
04. Heaven Is In Your Mind
05. All I Have
06. Curious
07. Oh Well
08. What Would Mama Say
09. Dragon Attack
10. Strange

Shannon Curfman
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