38 Special – Milestone – CD-Review

Ende der Siebziger-, Anfang der der Achtziger Jahre, zugegebener Maßen, als die Musikwelt noch deutlich überschaubarer war, saß der Schock wegen des Flugzeug-Absturzes von Lynyrd Skynyrd in der Southern Rock-Anhänger-Gemeinde immer noch tief. 

Im Prinzip war da jede neue Scheibe, die herauskam, fast wie ein Feiertag. Neben den etablierten Bands wie den Allman Brothers, der Charlie Daniels Band, den Outlaws und der Marshall Tucker Band, schlug die Stunde von Acts der ‚zweiten Generation‘ wie Molly Hatchet, Doc Holliday, der Johnny Van Zant Band und natürlich auch von 38 Special, die zudem mit Donnie Van Zant einen klingenden Namen in ihren Reihen hatten.

38 Special brachten von 1977 bis 1982 fünf richtig starke Alben heraus, ab diesem Zeitpunkt wurde dann spätestens der Schwenk, der sich allerdings schon ab „Wild-Eyed Southern Boys“ schleichend andeutete, endgültig mit den Werken „Tour de Force“ und „Strength In Numbers“ zum Mainstream Rock/AOR vollzogen.

Man genügte damit durchaus erfolgreich den Anforderungen der damaligen Zeit, der überwiegende Teil der gediegenen Southern Rock-Fans dürfte weniger begeistert gewesen sein. Vermutlich bedingt durch die gesundheitlichen Probleme von Donnie Van Zant gab es diverseste Umbesetzungen, Don Barnes stieg aus, kam wieder, Van Zant und Jeff Carlisi verließen die Band, am Ende blieb Barnes bis heute der starke Mann im aktuellen Line-up, das zwar schon länger zusammen ist, aber mittlerweile mit ihm nur noch ein Original-Mitglied beinhaltet.

Mit ‚Milsestone“ bringt das jetzige Quintett, neben Don Barnes (lead and backing vocals, lead and rhythm guitar, harmonica, mandolin, piano) samt den weiteren Musikern Bobby Capps (keyboards, backing and lead vocals), Gary „Madman“ Moffatt (drums, percussion), Barry Dunaway (bass, backing vocals) und Jerry Riggs (lead guitar, backing vocals), die beiden Letztgenannten spielten auch schonmal für Pat Travers, 21 Jahre nach „Drivetrain„, ein neues Studioalbum heraus.

Und ich muss zugeben, ich habe den VÖ der Scheibe glatt verpasst und bin eher zufällig darauf gestoßen. Der Opener „So Much So Right“ weiß als schöner moderner polternder Rocker schon mal zu Gefallen. Ein bisschen „Wild-Eyed Southern Boys“-Flair kommt mit dem folgenden „Slightly Controversial“ auf, überraschend vielleicht die Wahl von Train-Sänger Pat Monahan als Duettpartner von Barnes.

Mit „All I Haven’t Said“ und „Long Long Train“ gibt es zwei durchaus Airplay-taugliche, melodische Ohrwürmer (Akustik-, E-Gitarren, Orgelzutaten), die „Rock And Roll Stragedy“-Zeiten aufleben lassen.

„The Main Thing“ (ziemlich funk-rockig), „Looking For My Life“ (erinnert dezent an Songs wie „Hold On Loosely“/“Hittin‘ And Runnin'“) und „Making Up For Lost Time“ (mit einem kurzen inkludierten „Caught Up In You“-Shuffle), alle sehr dynamisch und mit rockigen E-Soli verziert, stehen für den dynamischen und eingängigen 38 Special-Sound, der sich von „Tour de Force“ über „Strength In Numbers“ bis in die heutige Zeit vornehmlich unter der Barnes-Regie treu geblieben ist.

Die beiden Abschluss-Tracks „Windows of Memories“ und „The Look“ auf dem, von Don Barnes und Jim Peterik (Survivor, Pride Of Lions) produzierten Album, fallen sehr seicht und schmalzig aus und trüben dann ein wenig den insgesamt akzeptablen Eindruck der ersten sieben Lieder.

Ein Album nach gut 21 Jahren mit nur neun Stücken als ‚Meilenstein‘  zu bezeichnen (ich assoziiere da ein Synonym für was Besonderes/Außergewöhnliches), dessen Musik zwar im Groben und Ganzen ok ist, aber jetzt nun nicht wirklich gerade bahnbrechend zu Jubelarien animiert, erscheint mir am Ende doch etwas gewagt, beziehungsweise übertrieben. Ich persönlich würde das neue Werk von 38 Special eher als „Sign Of Life“, also als ein Lebenszeichen charakterisieren… 

Eigenproduktion (2025)
Stil: (Southern) Melodic Rock

Tracks:
01. So Much So Right
02. Slightly Controversial (Featuring Pat Monahan from Train)
03. All I Haven’t Said
04. The Main Thing
05. Long Long Train
06. Looking Sor My Life
07. Making Up For Lost Time
08. Windows Of Memories
09. The Look

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J Houston Band – Milestone – CD-Review

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Review: Jörg Schneider

Die J Houston Band – das sind der Gitarrist und Songwriter Jim Houston, die Bassistin Carolyn Saini und der Drummer John Chapman. Mit „Milestone“ liefert das Trio nun nach „The Hunter“ und „New World Order“ sein neuestes Werk ab, welches allerdings über weite Strecken wesentlich blueslastiger und melodiöser ist als das Vorgängeralbum, aber dennoch den typischen Blues-Rock-Sound der Band beibehält.

Es umfasst zehn Eigenkompositionen, jede für sich ein musikalisches Kleinod. Mit Bluesharp, Resonatorgitarre, Slidegitarre und Geige ist die Scheibe nicht nur sehr abwechslungsreich instrumentiert, sondern überzeugt auch mit eingestreuten Versatzstücken aus den Bereichen Rock ’n‘ Roll, Funk und Country.

Ein Beispiel für den gelungenen Sound liefert gleich zu Beginn das fröhliche und durch die Fiddle (gespielt von Gastmusiker Peter Cliche) leicht countrymässig anmutende „Big John“ und überrascht zudem mit ein paar unerwarteten Stil- und Tempiwechseln.

Ebenso flott und absolut tanzbar ist der im Chicagostil arrangierte Rock ’n‘ Roller „Drivin“. Etwas aus der Rolle fällt hingegen das Stück „Shadfly Shuffle“. Es beginnt mit einem bluestypischen Harpintro, zu dem sich dann ein lakonischer Sprechgesang von Jim Houston hinzugesellt. Eine schöne, eigenartige Mischung.

Mit „Sugar Is Not Honey“ folgt dann eine kleine Ruhephase. Der klebrig-süße Song fließt ganz gemächlich und äußerst relaxt dahin, bevor dann eine volle Dröhnung in Form des rockig, aggressiven „Starving Dog Blues“ den Pulsschlag wieder in die Höhe schnellen lässt.

Seinem Namen macht der Track „Stomping Ground“ alle Ehre. Er stampft sich mit viel Slidegitarre und Tempiwechseln sehr rhythmisch in die Gehörgänge des Zuhörers, während „Twenty Cents“, ein schöner Chicagoblues ist, der mit einer einprägsamen Gitarren-Hookline aufwartet, aus der sich dann ein melodiöser Mittelteil entwickelt, um anschließend wieder zum musikalischen Eingangsmotiv zurückzukehren.

So richtig ins Träumen geraten kann man mit „The Muse“. Ein leicht mit Slidegitarre angereicherter Slowblues mit unverkennbaren Countryeinflüssen. Teilweise ein wenig funkig mutet das Gitarrenspiel in dem sparsam instrumentierten „Legs So Fine“ an. In „Whats On My Plate“ beherrscht das Keyboard die ersten Takte und hinterlässt etwas Retrofeeling. Auch hier wieder der für eine Bluesscheibe untypische Sprechgesang des Bandleaders, mitunter eingebettet in einen leise-harmonischen Chorgesang im Hintergrund.

Unter dem Strich ist den drei Musikern der J Houston Band ein absolut abwechslungsreiches Album gelungen, das man sicherlich immer wieder gern hören wird. Dazu trägt auch bei, dass die Lieder oftmals einige musikalische Überraschungen beinhalten. Zudem präsentiert sich Jim Houston als durchaus humorvoller Geschichtenerzähler mit politischen Akzenten. Aus meiner Sicht verdient das Album eine uneingeschränkte Kaufempfehlung, im Handel ist es ja bereits.

Label: Train Records (2021)
Stil: Blues Rock

Tracks:
01. Big John
02. Drivin’
03. Shadfly Shuffle
04. Sugar Is Not Honey
05. Starving Dog Blues
06. Stomping Ground
07. Twenty Cents
08. The Muse
09. Legs So Fine
10. What’s On My Plate

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