Henri Herbert – Get It While It’s Hot – CD-Review

Das Frontcover mit dem brennenden Klavier des neuen Albums „Get It While It’s Hot“ des Pianisten Henri Herbert, ein gefragter Session- und Tourbandmusiker in den Staaten, spricht Bände und steht exemplarisch dafür, worum es hier auf diesem Werk hauptsächlich geht: Pianogeklimper, bis die Tasten glühen, aber vermutlich am Ende dann doch nicht mit den hier propagierten Folgen (hoffe ich zumindest…).

Herbert, geboren in Frankreich, aufgewachsen in Großbritannien, hatte von frühster Kindheit an einen Faible für die Musik von Jerry Lee Lewis, Fats Domino und Pete Johnson. Ich hätte hier noch zeitgenössisch Brandon Giles, den ich mal mit Steve Schuffert in einem Konzert erlebt habe und aus unseren Landen Axel Zwingenberger als weitere Anhaltspunkte zu bieten.  Und das hört man natürlich auch auf den 12 Tracks deutlich heraus.

Wo beim herkömmlichen Blues Rock die E-Gitarre samt der typisch inkludierten Parts und Soli im Mittelpunkt steht, wird hier ohne Wenn und Aber das Piano als Substitut in den Vordergrund gestellt und das natürlich oft mit atemraubendem Speed. Ein paar Gitarrensoli gibt es aber auch sporadisch. Henris krawalliger Gesang ist stimmig zum überwiegend aufbrausenden Charakter und Tempo der Lieder.

Lediglich zwei Stücke „Bad As Me“ und „If I Could“ lassen mal etwas etwas Luft zum Atmen. Zwei, einer  eine Art ‚Kuzvortoreschlussschwofer‘ zu später Stunde beim Ball der einsamen Herzen (beide auch mal mit einem schönen songdienlichen E-Gitarrensolo). Beim „Texas Boogie“ muss man sich, falls man soviel Vorstellungsvermögen besitzt, Billy Gibbons samt Arbeitsgerät bei ZZ Top wegdenken und sich Henri Herbert an den Tasten hineindenken.

Ich persönlich höre ja HT-Piano im Rahmen von Southern Rock- und New Countrysongs durch aus ganz gerne, wenn es wohl dosiert ist. Hier wird man allerdings angesichts des Intensivgeklimpers mit zunehmender Spielzeit ganz ‚rappelig‘.

Am Ende ist „Get It While It’s Hot“ in der Gesamtbetrachtung eine einzige Pianoklimperorgie in Dur und Moll. Wer gute Nerven und Ausdauer besitzt, sowie mit den o. a. Referenzgrößen was anfangen kann, für den ist Henri Herberts rock’n’rollige Piano-Musik sicherlich ein Eldorado. Für alle anderen eher ein Austesten der musikalischen Belastbarkeit…

HH Records / Awal (2025)
Stil: Rock’n’Roll, Boogie Woogie, Blues Rock

Tracks:
01. Cold City
02. Guilty Pleasures
03. Nothing Free
04. Bad
05. I Got The Fury
06. Texas Boogie
07. Bad As Me
08. Blood From A Stone
09. Fire
10. Poison
11. If I Could
12. Talkin Trash

Henri Herbert
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Dion – The Rock ’N’ Roll Philosopher – CD-Review

Der aus der Bronx in New York stammende, mittlerweile 87-jährige Dion, mit bürgerlichem Namen Dion Francis DiMucci, ist in der Pop- und Rockmusik ein großer Name, auch wenn sich seine Bekanntheit in unserem Lande in hiesigen Zeiten, vermutlich in eher in überschaubaren Grenzen befindet.

Er hatte seine größten Erfolge in den Sechzigern, wobei der Rolling Stone ihn in seinen Listen auf Platz 63 der besten Sänger  und seinen Schunkler „The Wanderer“ auf Platz 243 der besten Songs aller Zeiten führt.

In dieser langen Zeit ist es natürlich klar, dass man viele musikalische, beziehungsweise berufliche als auch private Bekanntschaften aufbaut und pflegt. Soziale Netzwerke, wie man es heute zu sagen pflegt. Deren Bedeutung, besonders in unserem digitalen Zeitalter, braucht es keiner weiteren Beschreibung.

Der Protagonist ist hier bestens aufgestellt, anders ist es wohl nicht zu erklären, dass auch noch heute prominente Gäste, wie zuletzt auf „Girl Friends“ (da war es das Who-Is Who der zeitgenössischen weiblichen Musikerriege) Schlange stehen, wenn er ein neues Album ins Leben ruft.

Bei seinem neuen Werk „The Rock ’N’ Roll Philosopher“, das sich als musikalisches Gegenstück zu seinem gleichnamigen Buch („weitläufige Memoiren, in denen es um Musik, Sucht, Genesung, Freundschaften, Gott, Kreativität, Beziehungen und all die Dinge geht, aus denen ich wichtige Lektionen gelernt habe“), das er gemeinsam mit Adam Jablin verfasst hat, versteht, und sowohl neue, als auch Überarbeitungen seiner Uralthits beinhaltet, ist die Gästeliste auf den 16 Tracks nicht besonders lang, dafür mit  Sonny Landreth, Joe Bonamassa, Mark Knopfler und Eric Clapton aber umso exquisiter.

Dass Dion auch im hohen Alter noch zünftig zu rocken vermag, beweist der Opener und zugleich erste Single „I’m Your Gangster Of Love“ (famose E-Gitarreneinlagen von Wayne Hood), sicherlich auch ein großer Höhepunkt des Gesamtwerks.

„Take It Back“, wo Joe Bonamassa mitmischt, auf dessen Label die Scheibe wieder erscheint, ein flotter Blues Rock-Schunkler, geht in eine ähnliche Richtung. „Cryin‘ Shame“ mit typischer Landreth-Slide-Begleitung erinnert an J.J. Cale-Sachen, sticht ebenfalls als einer der Center-Stücke heraus.

Das von Mark Knopflers ’singender‘ und wohl klirrender Stratocaster umgarnte „Dancing Girl“ entpuppt sich als der Ohrwurm der CD. Liebhaber klassischer Blues- Stampfer der etwas vergangenen Zeit, dürfen sich auf „If You Wanna Rock ’n‘ Roll “ über die Veredlung des ‚God Of The Blues‘, Eric Clapton (ein großer Bewunderer Dions), freuen, der hier aufzeigt, dass er E-Gitarren-technisch immer noch ordentlich ‚ablassen‘ kann.

Und wenn Dion mit „Ride With You“ dann noch einen lupenreinen Southern Rocker aus dem Ärmel schüttelt,  fragt man sich glatt, ob er sich nicht demnächst mal an diesem Genre versuchen sollte. Da müsste er sich jedoch sputen, die potentielle Liste prominenter Gäste ist da leider nicht mehr allzu lang…

Label: KTBA Records (2025)
Stil: Blues (Rock)

Tracks:
01. I’m Your Gangster Of Love
02. New York Minute
03. Ruby Baby
04. Take It Back with Joe Bonamassa
05. New York Is My Homer
06. Cryin‘ Shame with Sonny Landreth
07. Dancing Girl with Mark Knopfler
08. In A Heartbeat Of Time
09. Serenade / Come To The Cross
10. If You Wanna Rock ’n‘ Roll with Eric Clapton
11. Ride With You
12. Abraham, Martin And John
13. King Of The New York Streets
14. Runaround Sue
15. The Wanderer
16. Mother And Son

Dion
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Another Dimension

Robbin Kapsalis – The Blues Is In The House – CD-Review

Review: Hans-Joachim Kästle

Robbin Kapsalis hat den Blues in jungen Jahren in Chicago aufgesogen. Auch als sie nach Atlanta zog, hat er sie nicht mehr losgelassen. Der Blues hat bekanntlich viele Facetten. Robbins Stilrichtung liegt auf der Hand: Der von der (Elektro-) Gitarre geprägte Chicago Blues, dessen zweites Merkmal häufig die Mundharmonika ist. Damit sind wir auch schon beim zweiten Star von „The Blues Is In The House“: dem Briten Giles Robson, der die CD auch produziert hat.

Eine Newcomerin ist Robbin Kapsalis beileibe nicht. Mehr als ein Jahrzehnt war sie bei der Soul-Blues-Band Vintage #18, mit der sie 2017 die CD „Grit“ veröffentlicht hat. Nach „Soul Shaker“ von 2021 legt sie nun ihr erstes Album unter eigenem Namen vor.

Bereits Song Nummer eins, das Titelstück, weist von der ersten Sekunde an alle Merkmale des Chicago Blues auf: Giles Robson bläst die Harp, dann setzt Robbin Kapsalis mit ihrer tiefen, an Koko Taylor erinnernden Stimme ein, die einfach zum Blues passt. Das Gitarrensolo übernimmt Joe Louis Walker. Es dürfte eine der letzten Aufnahmen des im April im Alter von 75 Jahren verstorbenen Six-String-Masters sein.

Der zweite Song zeigt gleich die andere Seite des Blues: Little Walters beschwingtes „Up The Line“ lässt die Füße wippen. Auch weiteren Klassikern widmet sich Robbin Kapsalis: „Sittin‘ On Top Of The World“, „Rollin‘ & Tumblin‘ oder „Shake Your Hips“.

Wie singt sie doch: „Der Blues ist im Haus. Fühl dich wie zu Hause“. Bluesliebhaber werden sich bei dieser CD in der Tat wie zu Hause fühlen. Davon kann man sich auch live überzeugen: Am Montag, 11. November, tritt sie zusammen mit Giles Robson im Rahmen eines mehrtägigen Bluesfestivals in der Wodanhalle in Freiburg auf. Laut ihrer Homepage ist es das einzige Konzert in Deutschland.

Blues House Productions (2025)
Stil: Chicago Blues

Tracks:
01. The Blues Is In The House
02. Up The Line
03. Lead Me On
04. The Comeback
05. Sittin‘ On Top Of The World
06. Rollin‘ & Tumblin‘
07. Love Hangover (Redux)
08. I Wanna Know
09. Shake Your Hips
10. Gotta Hear The Blues

Robbin Kapsalis
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Blue Deal – 29.10.2025, Blues Kitchen, Solingen – Konzertbericht

Die aus dem Südschwarzwald stammende Band Blue Deal, Gewinner der German Blues Challenge 2023, hatte mich zuletzt mit ihren beiden starken Studioalben „Can’t Kill Me Twice“ und „Make A Change“ vollends überzeugt, da kam der eher zufällig und recht kurzfristig entdeckte Termin in der Blues Kitchen im für uns geografisch nicht ganz so günstig liegenden Solingen, dann gerade noch recht.

Die berühmte Klingenstadt als auch Blue Deal waren bis dato, SoS-konzerttechnisch gesehen, noch unbetretenes Terrain.  Von daher betraten Driver Peter und ich den Weg sowohl mit einer von Neugier, als auch Unwissenheit geprägten Vorfreude durch das regnerische Wetter und den mal wieder von einer einzigen Auto- und Baustellenflut dominierten Westen unseres Landes.

Die Blues Kitchen stellte sich als eine Art freundlich angerichtete, mit Tischen und Stühlen bestückte Aula innerhalb eines größeren Theaterhauses heraus. Der Besuch war für einen Mittwoch innerhalb der Arbeitswoche angesichts der ungemütlichen Jahreszeit recht stattlich, die Bühnenbeleuchtung und der Sound erwiesen sich als perfekte Voraussetzungen für einen tollen Konzertabend.

Und, diese nutzen das Quartett, bestehend aus Bandleader Joe Fischer, der hoch-begabte Gitarrist Tom Vela als auch die routinierte Rhythmussektion mit Drummer Jürgen Schneckenburger und Bassist Willi Macht, um weitere positive Werbung in eigener Sache zu betreiben.

Gespielt wurde in zwei Sets. Joe Fischer nutzte mit seiner sympathischen und kommunikativen Art beim gut gewählten Songtrio mit „Rita“, dem herrlichen southern-rockigen „Another Reason“ (Opener vom neuen Album) und „Everyday I Have The Blues“ (inklusiv Mitsinginteraktion), direkt die Gelegenheit, um das typische Blues-Publikum auch für ihre etwas modernere Art des Performens zu begeistern.

Auch der noch recht jung aussehende Leadgitarrist Tom Vela, im eleganten Samtjacket so ein wenig wie Schwiegermutters Liebling wirkend, bewies im Stile der Herren Clapton und Bonamassa & Co., von Anfang an mit seiner rot-weißen Stratocaster, sein schon jetzt begnadetes Können, mit vielen songdienlichen, filigranen als auch quirligen Soli. Hier an seinem Arbeitsgerät ließ er sprichwörtlich den Wolf aus seinem Schafspelz!

Weiter ging es bis zur Pause mit u. a. dem grandiosen „Get It Gone“ (teilweise mit toller Duell-Einlage von Vela und Fischer im wüsten Solo-Finish), dem souligen, Robert Cray-mäßigen „Rent A Heart“, „Holy Ground“, dem Titellied des Debütwerks, „Sewing Machine (erster Cigar Box-Gitarren-Einsatz von Fischer), dem launigen, wieder Southern Rock-angehauchten „Stand By“, als auch mit den Tracks „Witch“ und „Guilded Cage“ (Vela brilliert mit heftiger Solopassage auf der Gibson Les Paul) in der, ein wenig von Whitesnake-Flair (Marke „Saints And Sinners“) umwobenen Schlussphase.

Joe Fischer, der auch wieder in der zweiten Hälfte (mit Stücken wie „Short Time Runnr von „Can’t Kill Me Twice“ , „Storm Will Come“ (slow-bluesig Marke Gary Moore), „1942“  (Hommage an Jimi Hendrix – Vela zaubert), „Greenland Shark“ und dem Titletrack des neuen Werks „Make A Change“ (jetzt auch als LP erhältlich!), sowie den rockigen Sachen „Love What you Have“ und dem herrlich Richtung Molly Hatchet abgehenden „Favorite Mistake“) toll ‚moderierte‘, die Cigarbox-Gitarre, Keyboards und die Blues Harp bediente, verdiente sich live mit seinem grandiosen Gesang (zwischen Paul Rodgers und David Coverdale) ein Sondersternchen.

Mit ihm besitzt Blue Deal ein besonderes Pfund (natürlich auch mit den drei anderen starken Musikern!). Er besitzt aus meiner Sicht die britisch-amerikanischste Stimme aller Frontsänger, die ich je in unseren deutschen Landen gehört habe. Das unterscheidet Blue Deal von vielen durchaus auch talentierten hiesigen Acts, bei denen man die Herkunft dann leider meist schon 500 Meter gegen den Wind heraushört (was dann oft durchgehend nervt…). Den Anspruch, möglichst so zu klingen, stellt er immer an sich selbst, wie er es im netten Gespräch nach dem Gig (da gab es übrigens auch noch das obligatorische VIP-Bild) dann auch betonte.

Apropos ‚Deal‘. Das ist ja so ein aktuell angesagtes Wort in unseren heutigen Zeiten (besonders gern genutzt von einem, an den Wahnsinn grenzenden Präsidenten…). Möge der Deal, den man hier herkömmlich mit der  Grundsicherung in Sachen Wasser unserer hiesigen Bevölkerung in Europa verbindet, sicherlich durchaus sinnvoll und erstrebenswert sein, so macht man den wahren Blue Deal allerdings eher mit einem Quartett aus dem Schwarzwald, zumindest, was jetzt und auch zukünftig gute und moderne Blues Rock-Musik betrifft….

Line-up:
Joe Fischer (lead vocals, harp, keyboards, cigar-box guitar)
Tom Vela (electric guitars, voc)
Willi Macht (bass, voc)
Jürgen Schneckenburger (drums)

Bilder: Fer Vanreyten
Text: Daniel Daus

Blue Deal
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Blues Kitchen, Solingen

Lucky Came To Town – The River Knows My Name – CD-Review

Review: Michael Segets

Americana muss nicht unbedingt aus Amerika stammen, wie auch das belgische Sextett Lucky Came To Town beweist. Wer sich in Europa dieser Musikrichtung verschreibt, heimst sowieso schon mal Sympathiepunkte ein. Die Bandgründung geht auf das Jahr 2015 zurück. Nach einzelnen mehr oder weniger offiziellen EPs und Live-Mitschnitten erscheint nun der erste Longplayer mit zehn Eigenkompositionen. „The River Knows My Name“ bietet handgemachte Musik, die sich durch ihre Gradlinigkeit wohltuend von neueren Strömungen im Genre abhebt.

Lucky Came To Town setzt auf klare Songstrukturen und eingängige Melodien, die an keiner Stelle langweilig werden. Songwriter und Frontmann Kim Van Weyenbergh wird von seiner Frau Annemie Moons am Mikro begleitet. Die beiden Stimmen harmonieren bestens, besonders eindrucksvoll beim Opener „Ain’t No Blues“ oder später bei „Even Now“.

Auf „Hands On The Wheel“ steuert Lead-Gitarrist Wouter Grauwels ein gelungenes Solo bei. Das kraftvolle Stück geht in Richtung Celtic-Folkrock. Bei einem der Highlights der CD hat auch Dimitri Laes an den Keys seinen Part. Laes glänzt durchweg an den Tasten – so auch auf „Come Dance“. Der schunkelige Song erinnert an einzelnen Stellen an Steve Earle. Dirk Lekenne (Slide Guitar) und Katrien Bos (Fiddle) verstärken die Band dort als Gastmusiker.

Weiterhin sorgt die Gastgeigerin für den richtigen Country-Flair, den „Going Back“ verströmt. Die Rhythmus-Section mit Joost Buttiens (Bass) und Bart Steeno (Drums) leisten ebenfalls ganze Arbeit. Sie gibt langsameren Tracks wie „Oh, Loretta“ Schwung und überzeugt, wenn es wie bei „Soulfire“ in den Uptempo-Bereich geht.

Eine wunderbarer Beitrag ist „Lone Wolf”, der auch aus Warren Zevons Feder stammen könnte. „Coal Blues“ erzeugt eine dunklere Stimmung. Atmosphäre bekommt das Stück durch die eingestreuten Klavier- und Gitarrenpassagen sowie den mehrstimmigen Gesang. Der Song steht denen von Bruce Springsteen, wie er sie für „The Ghost Of Tom Joad“ oder „Devils And Dust“ geschrieben hat, in nichts nach. Zum Abschluss gibt es dann einen rockigeren Track. „New York City Lights“ punktet vor allem mit einem ins Ohr gehenden Refrain.

Die angeführten Referenzen lassen schon erahnen, dass das Gesamturteil sehr positiv ausfällt. Das Album bietet geerdeten Americana in unterschiedlichen Spielarten. Es ist abwechslungsreich und hat keine Ausfälle zu verzeichnen. Die CD hält darüber hinaus eine beachtliche Anzahl von sehr hörenswerten Titeln bereit, die eine uneingeschränkte Kaufempfehlung rechtfertigen.

Gut Ding will Weile haben. Zehn Jahre nach ihrer Gründung veröffentlicht Lucky Came To Town ihren ersten Longplayer. Die Band hatte also genügend Zeit, ihre Hausaufgaben zu machen. Sie bekommt für „The River Knows My Name“ einen Eintrag mit Sternchen.

Eigenproduktion (2025)
Stil: Americana

Tracks:
01. Ain’t No Blues
02. Come Dance
03. Oh, Loretta
04. Hands on the Wheel
05. Lone Wolf
06. Going Back
07. Soulfire
08. Even Now
09. Coal Blues
10. New York City Nights

Lucky Came To Town
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JohThema Promotions

Solomon Cole – Ain’t Got Time To Die – CD-Review

Neuseeland war in letzter Zeit schon zweimal Thema in unserem Magazin, BB & The Bullets als auch das Duo Atua Blues hinterließen dabei einen durchaus passablen Eindruck. Musikalisch verbinde ich bis dato eher die Namen Crowded House (u. a. „Don’t Dream It’s Over“, „It’s Only Natural“) und natürlich Keith Urban, der zumindest dort geboren wurde.

Solomon Cole ist demnach bis dato ein unbeschriebenes Blatt in meiner Review- Laufbahn. Er stammt aus Waiheke Island, einer Insel die ca. 40 Minuten mit dem Boot von Auckland entfernt liegt, wo auch der Videoclip zur ersten Single „Get Up Get On“, ein stampfiger Country-Blues (mit viel Dobro-Slide), gedreht wurde.

Im Prinzip muss man, um sich die Musik des Protagonisten einigermaßen vorstellen zu können, eigentlich nur einen genauen Blick auf das Coverbild der CD werfen, das den Protagonisten in einer düsteren Waldlandschaft mit seiner Dobro zeigt, die auch hier reichhaltig zum Einsatz kommt.

Man schmeiße Ingredienzien von Johnny Cash, Son Volt, Howlin‘ Wolf, Tom Waits, Tony Joe White und Nick Cave in einen brodelnden Topf und erhält ungefähr ein musikalisches Gebräu, dem Solomon Cole hier Genüge trägt,

Der Titelsong „“Ain’t Got Time To Die““, ein gospeliger Contryblues mit Waits-mäßigem Leadgesang, hallender Orgel, atmosphärischen E-Fills und starkem Slide-Solo, weiblichen Gospel-Harmonies, ist zurecht Namensgeber des Werkes.

Das Album „Ain’t Got Time To Die“ von Solomon Cole ist nichts für musikalische Warmduscher. Ein schroffer, rauer, swampiger und schwermütiger Mix aus Blues, Country, ein wenig Southern Rock und Gospel. Das ist was für Leute, die gerne Präsenz zeigen und Wiederstand leisten, wenn es auch mal ungemütlich wird und Gegenwind herrscht. Für Diejenigen halt, die keine Zeit zum Sterben haben…

Dixiefrog Records (2025)
Stil: Blues & More

Tracks:
01. Day Of Reckoning
02. Get Up Get On
03. Woman I Weep
04. Bullet
05. A Little South Of Heaven
06. Apocryphal Flood Blues
07. Ain’t Got Time To Die
08. Call My Maker

Solomon Cole
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V2 Records Promotion GSA

Laura Cox – Trouble Coming – CD-Review

Review: Hans-Joachim Kästle

Als Kritiker hat man es manchmal nicht leicht. Wie soll man diese Aussage eines englischsprachigen Reviews toppen: „Laura ist eine knallharte Rock’n’Roll-Lady, die ihrer Gitarre Töne entlockt, die die Welt auf bahnbrechende Weise erschüttern werden.“ Bleiben wir lieber auf dem Boden und wenden schüchtern ein, dass sie die Welt mit ihrer Gitarre und der neuen CD bestimmt nicht aus den Angeln heben wird. Was keinesfalls abwertend gemeint ist, im Gegenteil: „Trouble Coming“ trägt den Namen Laura Cox – das allein ist schon ein Gütesiegel.

Die Tochter eines Engländers und einer Französin startete einst vor über 15 Jahren auf YouTube mit Gitarren-Videos aus ihrem Zimmer durch. Seitdem ist Madame Cox ihren eigenen Weg gegangen. Ihre Vorbilder hat sie längst hinter sich gelassen. Laura Cox ist einfach Laura Cox. Das unterstreicht ihre Aussage: „Das Album markiert eine neue Ära in meiner musikalischen Entwicklung – noch immer tief verwurzelt im Rock, der mich geprägt hat, aber getrieben von völliger Freiheit im Songwriting und in der Komposition.“

Das zeigt gleich der erste Song „No Need To Try Harder“, ein kraftvoller, energiegeladener, rauer Gitarren-Rocker. Das zieht sich durch die ganze CD, ob der Song nun „A Way Home“ heißt, „The Broken“ oder „Do I Have Your Attention?“ Zwischendurch gibt es bei „Out Of The Blue“ eine melodiöse Rock-Ballade. Glattgebügelt, nach dem Mainstream zielend ist hier nichts. Wie gesagt: Laura Cox ist einfach Laura Cox.

VeryCords / earMUSIC (2025)
Stil: Rock

Tracks:
01. No Need To Try Harder
02. A Way Home
03. Trouble Coming
04. Inside The Storm
05. What Do You Know?
06. Dancing Around The Truth
07. Out Of The Blue
08. The Broken
09. Rise Together
10. Do I Have Your Attention?
11. Strangers Someday

Laura Cox Band
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Networking Media

Matt Pascale & The Stomps – Home – CD-Review

Review: Stephan Skolarski

Mit seiner Mischung aus US-Southern-Blues-Rock und fein eingewobenen New-Soul-Elementen steht der Gitarrist, Sänger und Songschreiber Matt Pascale für eine Stilrichtung, die in dieser Form nur selten zu hören ist. Mit Wohnsitz in Kalifornien gilt der gebürtige Sizilianer inzwischen als sehr talentierter Frontmann, der seit 2019 mehrere hundert Konzerte absolviert hat. Sein Debütalbum “Home” ist nach den Credits zu den Aufnahmen eine fast rein italienische Angelegenheit, eingespielt in The Soul Garage (Studios), North Hollywood.

Produzent Fabrizio Grossi (u. a. Billy F. Gibbons, Eric Gales) hat die leidenschaftliche Begabung des erst 25-jährigen Pascale intensiv eingefangen: ein Blues-Rock-Album mit groovigen Funk, Soul und Hip-Hop Portionen wurde maßgeschneidert arrangiert. Der Titelsong eröffnet den Longplayer im souligen Rock-Design, ansprechender mid-tempo Sound und schneidige E-Gitarre sowie Pascales raue Stimmlage verbinden sich zum prägenden Song.

Ein Cocktail aus melodischer Virtuosität (“Fucked Up Once Again”), dreckig harten Riffs (u.a. “Mr. No Money”) und souligen Slow-Blues (“Why Don’t You Tell Me”) dominiert die 12 Tracks. Aus diesem Rahmen gleitet als einziges Cover der Robert Johnson Klassiker “Me And The Devil” (1932) und präsentiert sich in eigenwilliger, futuristischer Version: ein modernes Song-Gemälde huldigt der Tradition. Dieses Erbe erhält seinen charakteristischen Abgesang im letzten Song: urtümlicher Slide-Blues “beschreibt” “Where The Money Talks”.

Als Absolvent der Little Steven (van Zandt) Blues Academy in Notodden, Norwegen, und der Pinetop Perkins Foundation in Clarksdale, Ms., hat Matt Pascale auch diese Eindrücke im Album “Home” verarbeitet und ein vielversprechendes Debüt veröffentlicht.

Das energiegeladene Werk überzeugt durch handwerkliche Präzision und stilistische Ausgeglichenheit. Es erfüllt nicht nur die Erwartungen an ein kraftvolles Debüt, sondern lässt zugleich erkennen, in welche Richtung sich der junge Musiker künstlerisch entwickeln könnte.

Dixiefrog Records (2025)
Stil: Blues-Rock, New-Soul

Tracks:
01. Home
02. Fucked Up Once Again
03. Lost & Found
04. Mr. No Money
05. Sugar Mama
06. Hide & Seek
07. Old Angel’s Talking
08. Me & The Devil
09. Wake Up
10. What Was I Made For
11. Why Don’t You Tell Me A Lie
12. When The Money Talks

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V2 Promotion

Copperhead County, 17.10.2025 – Kulturrampe, Krefeld, Konzertbericht

Als ich vor zwei Jahren nach ihrem tollen Gig im niederländischen Weert mit Drummer Alex Stolwijk und Bandleader Corvin Keurhorst in einem Smalltalk die Southern Rock-verliebte Kulturrampe in Krefeld als potentiellen Auftrittsort ins Gespräch brachte, war ich, ehrlich gesagt, von Zweifeln geprägt, ob das tatsächlich jemals zustande kommen würde und die mittlerweile vergangene Zeit schien mir recht zu geben.

Umso erfreuter und überraschter war ich, als der Name Copperhead County im Verlauf des Jahres im Terminkalender der Kulturrampe auftauchte. Geplant war eigentlich ein Kombi-Konzert zusammen mit den allseits bekannten Musikern Chris Pohlmann und Ben Forrester (Allen-Forrester Band, Stone Water), wobei jeder Act ca. eine Stunde performen sollte.

Pohlmann erkrankte ganz kurzfristig, sodass die Rampenbühne für ein komplettes Copperhead County-Konzert frei war. Als sich die Band zu einem Western-Musik-Einspieler den Weg zur Bühne der recht gut besuchten Rampe bahnte, fielen mir sofort zwei personelle Veränderungen auf. Zum einen mit Iris Slort eine neue imposante Sängerin und der rauschebärtige Jelle Wunderink als neuer Leadgitarrist.

Dass es auf der Bühne eng werden würde war klar, allein schon die Hammond Orgel von  Jordy Duitscher mit dahinter platziertem Leslie-Lautsprecher nahm schon gut ein Drittel der Fläche ein.

Gespielt wurde in zwei Sets, wobei mit  den standardmäßigen Opener „Enjoy The Ride“ direkt das obligatorische Statement ans Publikum versendet wurde. Die niederländische Combo hat ja bereits mit „Brothers“ und „Homebound“ zwei starke Studiowerke herausgebracht, aus denen naturgemäß auch die überwiegende Anzahl der Tracks präsentiert wurden.

Das waren im ersten Teil dann Stücke wie „Southern Feeling“, „Horizon“, „Bring On The Rain“ (mit schönem MTB-Flair), „Queen Of Vegas“, „Murky Waters“ (Iris Slort übernimmt zum ersten Mal die Lead vocals), „Alpharette Rain“ und  das pettyeske „Sound Of Summer“, bei den sich vor allem Jelle Wunderink mit vielen quirligen Soli zumeist auf einer Telecaster hervortat. Das Highlight war dann vor der Pause jedoch das hervorragend gelungene Cover vom Crosby, Stills, Nash & Young-Song „I Almost Cut My Hair“, mit gleich drei Leadgitarren-Passagen sowie toller Vocal-Performance von Iris Slort.

Im zweiten Teil gelang es dem niederländischen Sextett sogar mit Stücken wie „Wide Plains“, „Hustlin‘ & Buskin'“, „The Well“ (Lead vocals Iris), „JamMan“ (Lead vocals Iris), „Not Even The Wind“ oder  „With You Again, den Spannungsbogen weiter aufzubauen, um dann mit dem furiosen Triple „Quickjaw“ (Richtung „Green Grass & High Tides“) , der Marshall Tucker-Adaption „Can’t You See“ (interessant mit weiblichem Leadgesang) und dem herrlichen erneut Outlaws-umwobenen „Brothers“ die Intensität nochmals zu steigern.

Die Band hatte bei ihrer spielfreudigen und sympathischen Premiere das Rampenpublikum zweifelsohne für sich gewonnen, was dann in zwei Zugaben on top (u. a. Steve Earles „Copperhead Road“) münzte.

Am Ende gab es dann noch unser obligatorisches VIP-Bild und im After-Talk noch die Vorankündigung auf eine Copperhead County-Rampen-Rückkehr schon im nächsten Jahr. Und wer würde das jemals anzweifeln…?

Line-up:
Corvin Keurhorst – lead vocals, guitars, bgv
Jelle Wunderink – guitars
Johan van Dijk – bass, bgv
Alex Stolwijk – drums
Jordy Duitscher – keys, percussion
Iris Slort- bgv, lead vocals, percussion

Bilder: Gernot Mangold
Text: Daniel Daus

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Kulturrampe Krefeld

Atua Blues – Two Roots – CD-Review

Review: Hans-Joachim Kästle

Manchmal flattern CDs ins Haus, da kann man sich schon mal fragen: Wer ist das? Schlimmer allerdings wäre es, wenn dann auch noch die Frage aufkäme: Was bitteschön ist das? Um es vorwegzunehmen: Diese hat sich nicht gestellt, wobei wir gleich mal beim Prädikat „Durchaus hörenswert“ sind.

Kommen wir zum Anfang zurück: Atua Blues besteht aus Grant Haua, einem Maori-Bluesgitarristen und Sänger aus Neuseeland, und David Noel, dem als Feelgood Dave bekannten Leadsänger der in Frankreich beheimateten SuperSoul Brothers.

Apropos Neuseeland: Hatten wir nicht erst neulich etwas aus diesem Pazifikstaat? Klar: BB & The Bullets, deren Debüt-CD „High Tide“ es beim amerikanischen Roots Music Report – der aus Radio-Airplay-Daten zusammengestellt wird – sowohl in der Sparte Blues als auch Blues Rock auf Platz eins geschafft hat. Wenn das mal kein gutes Omen für das Erstlingswerk von Atua Blues ist…

Haua, Noel und ihre Begleitmusiker beginnen die CD mit „Amazing Grace“, einem über 250 Jahre alt Gospelsong, der schon unzählige Male gecovert worden ist. David Noel erklärt die Beweggründe: „Die Wahl dieses Titels kam in unseren Gesprächen sofort zur Sprache, da Gospelmusik unserem Leben Rhythmus verleiht.“

Mit ihrer entspannt-rhythmischen Interpretation schafft es die neuseeländisch-französische Kombination aber, dass der Uraltsong in einem luftigen Gewand daherkommt, was auch für den Nummer-eins-Hit von George Harrison, „My Sweet Lord“, gilt. Hier gibt es Textpassagen aus Maori und Okzitanisch. „River Blues“ ist leicht Country-angehaucht, „I Get The Blues“ ein Slow Blues, „Hard Lovin‘ Woman“ geht Richtung klassischer Blues Rock – stilistische Vielfalt ist somit auch gewährleistet.

Dixiefrog Records (2025)
Stil: Blues, Soul, Gospel

Tracks:
01. Amazing Grace
02. Fisherman
03. Hard Lovin‘ Woman
04. I Get The Blues
05. My Sweet Lord
06. No Competition
07. River Blues
08. Rose
09. Suck It Up
10. What Have We Done
11. Who’s Gonna Save My Soul

V2 Records Promotion GSA