Sheryl Crow – Threads – CD-Review

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In der Laufbahn eines beständig erfolgreichen Künstlers gibt es immer so etwas wie ein Karrierealbum, also eines, das eindeutig den den Höhepunkt der Schaffenszeit darstellt. Wer zu diesem Zeitpunkt abtritt, tut dies in weiser Voraussicht, dass es danach vermutlich kaum noch Steigerungspotential gibt. Was das Verpassen dieses Momentes und die oft weniger erfreulichen Umstände danach zum Teil bewirken, hat man bei vielen einstigen Lichtgestalten aus Kultur, Politik und Sport, zu Genüge erlebt.

Im Fall der eigentlich noch recht jungen Sheryl Crow (gerade mal mein Alter…!) verwundert es doch ein wenig , aber sie wird sich solch eine Ankündigung aber wohl gut überlegt haben. Im Leben der Mitfünfzigerin, die sich einst als Mädel einer musik-begeisterten Familie aus Missouri auf ihren Weg gemacht hatte, um dann als Backgroundsängerin von Michael Jackson, den Eagles und Bob Dylan, den Einstieg zu finden, glänzte bekanntlich nicht immer alles, vor allem Probleme im gesundheitlichen Bereich (Krebs, Gehirntumor), zerrten vermutlich besonders an ihren Kräften.

In mein Leben trat sie, wie vermutlich bei vielen, mit ihrem flippigen Hit „All I Wanna Do“, dass selbst meine Ehefrau und Stieftochter begeistert waren und wir gemeinsam ihren Support bei Joe Cocker in Dortmund damals live begutachteten. Dies war allerdings auch zugleich schon das letzte Mal, dass ich sie auf der Bühne erleben konnte, habe aber doch so einige ihrer späteren Alben wie zuletzt „Feels Like Home“ in meiner Sammlung.

Ihr neues Werk „Threads“ ist quasi eine pompöse Abschiedsfeier, bei der alle hochkarätigen Gäste aus dem Hier und Jetzt und der glorreichen Vergangenheit des Rock, Pop und Country erschienen  sind, um quasi dem Lebenswerk der Protagonistin, nochmals die Ehre erweisen.

Crows einstiges Vorbild Stevie Nicks ist beim flockigen Frauenpower-Stück „Prove You Wrong“ dabei. Im folgenden Verlauf geben sich prominente Namen wie Bonnie Raitt, Eric Clapton, Sting, Chris Stapleton, Keith Richards, Don Henley, Joe Walsh, Neil Young, Kris Kristofferson, Willie Nelson, Emmylou Harris, Vince Gill (und und und), die Klinke in die Hand, um mit Sheryl, bei den überwiegend selbst geschriebenen Stücken (mit renommierten Co-Writern) zu performen.

Selbst Johnny Cashs kurz vor seinem Tode aufgenommene Gesangsspuren wurden posthum bei „Redemption Day“, einem der bewegenden Höhepunkte des Werks, dazugemischt.

Meine Favoriten sind der oben bereits erwähnt Opener „Prove You Wrong“, das dank Bonnie Raitt herrlich slide-getränkte „Live Wire“, die radio-taugliche Kooperation mit Chris Stapleton bei „Tell Me When It’s Over“ (erinnert von der Machart ein wenig an dessen Zusammenarbeit mit Justin Timberlake bei „Say Something“ ), „The Worst“ (tolle Nylon-String-Gitarre von Keith Richards), der melancholische Barroom-Schwofer „Lonely Alone“ mit Willie Nelson und als absoluter Kracher das Southern Rock-taugliche „Still The Good Old Days“ mit dem kauzigen Joe Walsh, der sowohl gitarren- als auch gesangstechnisch brilliert.

Ebenfalls nicht schlecht ist das R&B-tanztaugliche „Wouldn’t Want To Be Like Yous“ mit St. Vincent. Das unter Mitwirkung von Clapton und Sting (den mag ich eh nicht) erzeugte George Harrison-Stück „Beware of Darkness“ sowie der pianogetränkte Schmachtfetzen unter Beteiligung von Vince Gill zünden bei mir nicht ganz so richtig.

Schön auch die Gestaltung des Klapp-DigiPaks. Es beinhaltet nämlich ein großes poster-ähnliches Einsteck-Faltblatt, das auf der eine Seite viele Bilder von Sheryl mit besagten Künstlern enthält und auf der anderen  sämtliche Texte, Infos zu den involvierten Musikern und die Entstehungstories zu den einzelnen Tracks beinhaltet.

Insgesamt ein von der Spielzeit randvoll bepackter Silberling, der aber durch seine Diversität der Charaktere eine unheimliche Kurzweiligkeit ausstrahlt. Wer letztendlich so viele klangvolle Namen des Musikbusiness als Gast auf einem Album von sich versammeln kann, weiß am Ende, dass er mit Stolz auf sein Schaffensspektrum zurückblicken kann.

Die Frage, die sich Sheryl Crow nach „Threads“ sicherlich gestellt haben wird ist: Kann ich das überhaupt noch toppen oder nur noch verlieren? Mehr Stardom geht nämlich wirklich nicht. Mein Tipp: Liebe Sheryl, genieße einfach entspannt dein restliches Leben, wie auch immer es in Zukunft ausfallen möge.

The Valory Music Co. (Universal) (2019)
Stil: New Country

01. Prove You Wrong (feat. Stevie Nicks & Maren Morris)
02. Live Wire (feat. Bonnie Raitt & Mavis Staples)
03. Tell Me When It’s Over (feat. Chris Stapleton)
04. Story of Everything (feat. Chuck D & Andra Day & Gary Clark Jr.)
05. Beware of Darkness (feat. Eric Clapton & Sting & Brandi Carlile)
06. Redemption Day (feat. Johnny Cash)
07. Cross Creek Road (feat. Lukas Nelson & Neil Young)
08. Everything Is Broken (feat. Jason Isbell)
09. The Worst (feat. Keith Richards)
10. Lonely Alone (feat. Willie Nelson)
11. Border Lord (feat. Kris Kristofferson)
12. Still The Good Old Days (feat. Joe Walsh)
13. Wouldn’t Want To Be Like You (feat. St. Vincent)
14. Don’t (feat. Lucius)
15. Nobody’s Perfect (feat. Emmylou Harris)
16. Flying Blind (feat. James Taylor)
17. For The Sake of Love (feat. Vince Gill)

Sheryl Crow
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